Ende 1844 streift der Nervenarzt Heinrich Hoffmann auf der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk für seinen dreijährigen Sohn Carl Philipp durch die Buchhandlungen von Frankfurt am Main. In den Regalen aber findet er nur "lange Erzählungen oder alberne Bildersammlungen, moralische Geschichten, die mit ermahnenden Vorschriften begannen und schlossen". Kurzentschlossen beginnt Hoffmann, selbst zu schreiben: über Kinder, die für ihren Ungehorsam auf teils grausige Art und Weise bestraft werden.
Ergebnis ist das Geschichtenbuch "Struwwelpeter", das sein Verfasser erst auf Drängen von Freunden drucken lässt. Mit seinen Geschichten vom Daumenlutscher und Suppenkaspar, von Hans Guck-in-die-Luft und vom Fliegenden Robert wird aus dem Weihnachtsgeschenk das bis heute berühmteste Kinderbuch der Welt.
Wegbereiter der Jugendpsychatrie
Geboren wird Hoffmann am 1809 in Frankfurt. Auf Wunsch des Vaters studiert er Medizin in Heidelberg, Halle und Paris. Danach eröffnet er eine Arztpraxis in Frankfurt-Sachsenhausen.
1841 heiratet er, zehn Jahre später wird er Leiter der "Anstalt für Irre und Epileptische" in Frankfurt. Anders als seine Vorgänger will er die Leiden seiner Patienten verstehen und wohnt sogar im selben Gebäude. Heute gilt er als Wegbereiter der modernen Jugendpsychiatrie.
Zeichnungen schaffen Zugang
Bei der Arbeit mit Kindern fällt Hoffmann auf, dass seine Zeichnungen und Geschichten einen Zugang schaffen. "Da nahm ich rasch das Notizbuch aus der Tasche, ein kleiner Bube mit dem Bleistift schnell hingezeichnet, und nun wird erzählt, wie sich der Schlingel nicht die Haare, nicht die Nägel schneiden lässt", wird er später notieren. "Das frappiert den kleinen Desperaten derart, dass er schweigt, hinschaut, und mittlerweile weiß ich, wie es mit dem Pulse steht, wie seine Temperatur sich verhält, ob Leib und Atmung schmerzhaft ist - und der Zweck ist erreicht."
Mit den drastischen Geschichten des "Struwwelpeter" will Hoffmann junge Leser nicht zuletzt vor wahrem Übel bewahren: In Zeiten mangelnder Hygienebedingungen kann selbst Daumenlutschen tödlich sein.
In 40 Sprachen übersetzt
Mit Titeln wie "König Nussknacker" (1851), "Bastian der Faulpelz" (1854) oder "Prinz Grünewald und Perlfein" (1871) schreibt Hoffmann weitere Kinderbücher. Die Werke sind zu seinen Lebzeiten große Erfolge, wirken inzwischen aber antiquiert.
Der "Struwwelpeter" aber wird in 40 Sprachen und 50 Mundarten übersetzt. Heinrich Hoffmann stirbt am 20. September 1894 in Frankfurt.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 20. September 2019 ebenfalls an Heinrich Hoffmann. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 21.09.2019: Vor 85 Jahren: Geburtstag des Sängers Leonard Cohen