Der Schock ist groß: FDP-Politiker Guido Westerwelle fühlt sich gesund, die Ärzte führen einen Routineeingriff am Knie durch - und stellen bei der Blutuntersuchung Leukämie fest. Im Juni 2014 wird die Blutkrebserkrankung bekannt.
Westerwelle notiert seine Erfahrungen mit der Krankheit. Im Herbst 2015 präsentiert er sein Buch "Zwischen zwei Leben" in Berlin: "Das ist kein Krankheitsbuch, es ist auch kein Todesbuch, sondern es ist ein Lebensbuch." Es solle anderen Mut machen.
Parteivorsitzender mit 39 Jahren
Kämpferisch, engagiert und zielstrebig ist Westerwelle schon als junger Mann. Der Bonner Journalist Rolf Clement lernt ihn 1980 kennen: "Er hat Kontakte geknüpft zu den FDP-Oberen und dann die Jungen Liberalen als Jugendorganisation etabliert." Dabei sei er die treibende Kraft gewesen.
Mit diesem Elan treibt der am 27. Dezember 1961 in Bad Honnef geborene Westerwelle auch seine Karriere voran. Er studiert Jura und arbeitet bis 1994 in der Anwaltskanzlei seines Vaters. Im selben Jahr wird er FDP-Generalsekretär, 2001 folgt die Wahl zum Parteivorsitzenden - mit 39 Jahren.
"Projekt 18"
An seinem Führungsanspruch lässt Westerwelle keinen Zweifel: "Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt es einen, der alles regelt - und das bin ich." Er netzwerkt mit CDU und SPD, gibt sich volksnah, ist Gast bei der RTL-Show "Big Brother".
Als erster Kanzlerkandidat der FDP fährt er mit seinem "Guido-Mobil" durch Deutschland. 18 Prozent will er bei der Bundestagswahl 2002 holen. Dafür hält er seine Schuhsohlen in die Kamera, beschriftet mit der Zahl 18.
Politikstil geändert
Aber das "Projekt 18" scheitert. Am Ende holt die FDP nur gut sieben Prozent. Sein FDP-Mitstreiter Jürgen Möllemann hat im Wahlkampf Flugblätter verteilt, die als antisemitisch eingestuft werden. Kurz danach begeht Möllemann Suizid.
Westerwelle ändert seinen Politikstil. Seine Reden werden ernster: "Mehr Netto vom Brutto ist das beste Konjunkturprogramm für Deutschland." Die Bundesregierung verweigere das. "Wenn wir regieren, werden wir das ändern."
Vizekanzler und Außenminister
Damit kommt Westerwelle an. Die Bundestagswahl 2009 ist für ihn ein Erfolg. Er wird Vizekanzler und Außenminister. In der FDP hat das Amt Tradition, für Westerwelle ist es jedoch Neuland. Oft muss er Kritik einstecken.
Als 2013 die FDP nach verlorener Wahl aus dem Bundestag ausscheidet, zieht sich Westerwelle aus der Politik zurück. Er arbeitet als Anwalt. Doch ihm bleibt nicht viel Zeit: Am 18. März 2016 stirbt Guido Westerwelle in Köln.
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