Auf der Suche nach den Wurzeln des weltgrößten Luftfahrtkonzerns landet man in Hagen-Hohenlimburg am Rande des Sauerlandes. Eine Gedenktafel am Haus der Uferstraße 33 erinnert daran, dass hier 1846 Wilhelm Böing geboren wurde, "der 1868 in die USA auswanderte. Sein Sohn William Boeing gründete 1916 dort die Boeing-Flugzeugwerke."
Sechs Jahre nach dem Pionier-Motorflug der Gebrüder Wright im Jahr 1903 sieht William Edward Boeing in Seattle im Nordwesten der USA zum ersten Mal, wie ein wagemutiger Pilot in einer Kiste aus Holz, Segeltuch und Draht abhebt. Das Erlebnis wird seine Zukunft und die Geschichte der Luftfahrt entscheidend prägen. Heute stammt etwa jede zweite Verkehrsmaschine, die heute rund um den Globus unterwegs ist, aus dem von Boeing begründeten Unternehmen.
Zerschlagung von Boeing durch Anti-Trust-Gesetze
Als Holzhändler macht der Emigrant Wilhelm Böing in Detroit ein Vermögen. Sein 1881 geborener Sohn Wilhelm Eduard besucht ein Schweizer Internat und studiert als William Edward Boeing an der Yale University. Er steigt zunächst in Vaters Firma ein, ist aber wie sein Freund, der Ingenieur George Westervelt, vom Fliegen begeistert. 1915 bauen sie einen Doppeldecker mit 18 Metern Spannweite, den Boeing beim Erstflug selbst steuert. Die US-Marine ist nicht interessiert und so verkaufen sie die beiden ersten Modelle nach Neuseeland, wo sie im Postverkehr eingesetzt werden. Von den kommerziellen Chancen der Fliegerei überzeugt, gründet William Boeing am 15. Juli 1916 die "Pacific Aero Products Company", die er bald in "Boeing Airplane Company" umtauft.
Die Luftfahrt erlebt einen rasanten Steilflug, der durch Lindberghs Flug über den Atlantik 1927 noch angefeuert wird. Boeing schließt sich mit dem Motorenbauer Pratt & Whitney zusammen und konstruiert 1933 das erste Flugzeug, das eine größere Anzahl Menschen befördern kann. Die B247 begründet den modernen Linienverkehr und sichert Boeings führende Stellung auf dem amerikanischen Markt. Doch die von Präsident Franklin D. Roosevelt verfolgte Anti-Trust-Politik bekommt auch Boeing zu spüren. Sein Konzern - Flugzeugbauer, Airline und Motorenhersteller in einem - wird zerschlagen. Boeing Airplane Company, Pratt & Whitney und United Air Lines werden eigenständige Unternehmen. William Boeing verliert danach die Lust an der Luftfahrt, zieht sich aus der Firma zurück und widmet sich wieder Holz- und Immobiliengeschäften.
Airbus macht dem Giganten am Himmel Konkurrenz
Im Zweiten Weltkrieg wächst die militärische Produktion zum bedeutenden Geschäftsfeld für Boeing. Bomber wie die B-17 und die B-29 fliegen die Angriffe auf deutsche Städte und werfen die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Im Vietnamkrieg kommen die riesigen B-52 bei Flächenbombardements zum Einsatz. Stealth- oder Tarnkappenbomber werden ebenso von Experten in Seattle konstruiert. Auch an der Saturn-Mondrakete und dem Mondrover ist Boeing entscheidend beteiligt. In der Zivilluftfahrt setzt der Konzern schon früh auf die Einführung von Strahltriebwerken. Die Taufe des ersten Düsenjets, einer Dash-80, erlebt William Boeing 1954 als Ehrengast noch persönlich mit. Zwei Jahre später stirbt er während einer Schiffsreise an einem Herzinfarkt.
Der Bau der großen 707, des Kurz- und Mittelstrecklers 737 – mit Abstand der meistverkaufte Passagierjet weltweit - und des Jumbos 747 sichern endgültig Boeings Position als Weltmarktführer. Sämtliche zivile Konkurrenten auf dem US-Markt werden von dem Giganten aus Seattle geschluckt. Erst mit dem europäischen Airbus-Konsortium taucht ein neuer ernsthafter Rivale auf. 1974 geht der A300 an den Start, der 30 Prozent weniger Kerosin als Boeing-Maschinen verbraucht. Damit beginnt ein bis heute andauernder Kampf um die Lufthoheit, in dem der Jumbo durch Einführung der A380 seinen Rekord als größtes Passagierflugzeug einbüßt. Statt auf kerosinfressende Riesenjets setzt Boeing nun auf die Entwicklung von "Super Efficient Airplanes" aus leichten Verbundwerkstoffen. Das erste Modell, der "Dreamliner" B 787, hebt 2009 ab, sorgt seither aber durch immer neue Konstruktions- und Softwareprobleme für mehrere Flugverbote und Auslieferungsstopps.
Programmtipps:
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 15. Juli 2016 ebenfalls an die Gründung der Boeing Flugzeug-Werke. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 16.07.2016: Vor 65 Jahren: J.D. Salingers Bestseller "Der Fänger im Roggen" erscheint