Swiss-Air-Stewardess serviert Getränke, 1947

Stichtag

15. Mai 1930 - Erste Stewardess der Welt tritt ihren Dienst an

Damit haben die elf Passagiere, die am Flughafen Oakland die Maschine nach Chicago besteigen, überhaupt nicht gerechnet. An Bord begrüßt sie nicht wie erwartet ein hilfreicher Steward, sondern eine charmante junge Dame in Uniform. Sie weist die Plätze zu, hilft beim Verstauen des Gepäcks und verteilt die üblichen Kaugummis. Eine Frau, die zur Arbeit in die Lüfte geht, das ist eine Sensation.

Flugbegleitung ist anfangs reine Männersache, nicht zuletzt, da die Stewards die Maschinen auch betanken. Nun serviert eine 25-Jährige den Hühnchen-Snack mit Fruchtsalat und kümmert sich nebenher vertrauenerweckend um die ängstlicheren Gemüter. Die patente Luft-Kraft heißt Ellen Church und schreibt am 15. Mai 1930 als erste Stewardess der Welt Luftfahrtgeschichte.

Krankenschwester an Bord

Selbst mutigeren Flugreisenden jener Zeit wird oft flau im Magen. Die engen Kabinen der im Vergleich zu heute winzigen Verkehrsmaschinen besitzen noch keinen Druckausgleich. Bei Flughöhen um 3.000 Meter werden die Passagiere deshalb nicht selten von Turbulenzen durchgeschüttelt – mit entsprechenden Folgen für Nerven und Kreislauf. Eine versierte Fachkraft könnte da an Bord sehr hilfreich sein, denkt sich Ellen Church, selbst examinierte Krankenschwester und begeisterte Hobbypilotin.

Die Idee der jungen Frau überzeugt auch die Chefs der Fluggesellschaft Boeing Air Transport. Sie stellen acht Krankenschwestern ein und bilden sie unter Leitung von Ellen Church zu "Sky Girls" aus. Bei den Passagieren kommen die weiblichen Stewards hervorragend an. Bald werden Amerikas Airlines überschüttet mit Bewerbungen junger Mädchen für den exotischen Traumjob. Die Besatzungen allerdings lassen die neuen Stewardessen noch lange spüren, was sie von Frauen in ihrer Crew halten. Kapitän und Copilot sprechen kein einziges Wort mit den "Sky Girls", die ihnen laut Vorschrift mit militärischem Gruß Respekt zu erweisen haben.

Jodeln gegen Flugangst

Vier Jahre nach Ellen Churchs Premierenflug stellt Swiss Air die 22-jährige Nelly Pflüger als erste Stewardess Europas ein. In weißer Schürze über dem eigenen Kleid serviert die Schweizerin Selbstgekochtes und hilft mit Jodeln über Flugängste hinweg. Auch bei der Lufthansa wird der Job der Flugbegleiter schnell zur weiblichen Domäne. Doch nur jede hundertste Bewerberin kann bei den "fliegenden Mädchen von Tempelhof" landen. Neben entsprechender Optik und Umgangsformen müssen sie mit Allgemeinwissen, Fremdsprachen und detaillierten Kenntnissen der Flugzeugtechnik glänzen. "Theoretisch konnten wir eine Convair 340 zerlegen und wieder zusammensetzten", erinnert sich Margot Engelmann-Rohde, eine der Lufthansa-Stewardessen der ersten Stunde.

Je erschwinglicher das Fliegen wird, umso mehr büßt der Traumberuf an Attraktivität ein. Flugbegleiterin Ariane Bentner kann in den 70er Jahren noch regelmäßig freie Tage in Rio, New York oder Tokio genießen. Mit dem Aufkommen der Billig-Airlines aber prägen Zeitdruck und Stress die Passagierfliegerei. "Alkoholkonsum setzt bei vielen die Hemmschwelle herab, das Anspruchsdenken ist gestiegen", konstatiert die Ex-Stewardess und Buchautorin Bentner. Immer häufiger sehen sich Flugbegleiterinnen zur "Saftschubse" degradiert und mit Handgreiflichkeiten konfrontiert. Die wichtigste Aufgabe der "Sky Girls" von heute - wie schon zu Zeiten von Ellen Church – wird dabei übersehen: Sie führen das Kommando in der Kabine, überwachen das Einhalten der Sicherheitsstandards und sorgen im Notfall für eine schnelle Evakuierung des Flugzeugs.

Stand: 15.05.2015

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