Stasi-Klub, Serienmeister, Hooligan-Hochburg: der Berliner Fußball Club Dynamo hat eine bewegte Geschichte. Am 15. Januar 1966 wird der DDR-Verein auf Anweisung des Ministeriums für Staatssicherheit gegründet. Stasi-Chef Erich Mielke möchte mit dem BFC die Überlegenheit des sozialistischen Systems auf dem Rasen demonstrieren. Damit das gelingt, wird ordentlich nachgeholfen.
Der BFC hat mit Andreas Thom, Thomas Doll oder Frank Rohde nicht nur Topspieler in seinen Reihen, sondern auch die Schiedsrichter auf seiner Seite. Mehr als einmal werden reguläre Gegentore annulliert und fragwürdige Elfmeter gegeben. Die Bevorteilung des BFC durch die - eben nicht - Unparteiischen hat über Jahre hinweg System.
Serienmeister mit fadem Beigeschmack
Während der BFC ab 1979 zehn Mal in Folge DDR-Meister wird, wächst unter den gemeinen Fußballfans die Abneigung gegen den Hauptstadt-Klub. "Schiebermeister BFC" ist da noch das Freundlichste, was die Berliner von ihren Gegnern zu hören bekommen.
Im Europacup reicht es für den DDR-Serienmeister ohne fremde Hilfe nur für Achtungserfolge. 1980 gewinnt der BFC mit 1:0 bei Nottingham Forest. Es ist der erste deutsche Sieg in England in diesem Wettbewerb.
Und auch im Duell der beiden deutschen Meister gibt es 1988 gegen Werder Bremen eine Sternstunde. Trotz des 3:0 scheidet Dynamo im Rückspiel aus, auch weil die Hanseaten psychologisch alle Register ziehen. So organisieren sie etwa einen Einkaufsbummel am Spieltag - das Westwarenparadies soll den DDR-Rivalen vom Wesentlichen ablenken. Der Plan geht auf: Dynamo verliert 0:5.
Absturz nach der Wende
Mit der Wende verfliegt Glanz und Glamour. Im gesamtdeutschen Fußball ist der BFC nur noch ein kleines Licht. Der Verein verliert einen Großteil seiner Spieler und gerät in finanzielle Schieflage. Darüber hinaus wird der ehemalige Stasi-Klub zum Paria des Ostfußballs. Die Dynamofans reagieren mit Gewalt und Provokation: "Opa bei den Nazis, Papa bei der Stasi, ich beim BFC", heißt es auf ihren T-Shirts.
Ein neuer Name soll im Februar 1990 für einen Neuanfang stehen. Als "FC Berlin" will man sich von der Stasi-Vergangenheit befreien - ohne Erfolg. 1999 erfolgt auf Drängen der Fans die Rückbenennung.
Inzwischen ist es ruhig geworden um den BFC Dynamo, der in der vierten Liga rumdümpelt. Es ist ein tiefer Fall für den einst so erfolgreichen DDR-Klub. Und doch grenzt es an ein Wunder, dass der Verein, nachdem er seine staatliche Unterstützung verloren und mehrere Abstiege und Insolvenzen überlebt hat, überhaupt noch existiert.
"Wir standen kurz vor der Auslöschung", sagt Rene Lau, seit 1979 Mitglied des BFC und ehemaliger Vizepräsident des Klubs. Heute wollen die Verantwortlichen nur noch eins: Normalität.
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