Mit Gummibällen, gewonnen aus der Milch des Kautschukbaums, spielen die Indios Mittel- und Südamerika bereits um 1.600 vor Christus. In Europa stößt Naturkautschuk erst im 18. Jahrhundert auf Interesse. Ein großes Problem bleibt aber zunächst ungelöst: Im Sommer ist "Gummi elasticum" weich und klebrig, im Winter wird es hart und spröde.
Der amerikanische Chemiker und Tüftler Charles Goodyear aber ist geradezu besessen von der Idee, dass Gummi als Werkstoff eine große Zukunft hat: "Was wird man aus verbessertem Gummi nicht alles herstellen können?" Geschäftsleute bestätigen Goodyear: Wenn er es schaffe, Gummi haltbarer zu machen, werde er ein Vermögen verdienen.
Zufallserfindung am Herd
Im Jahr 1834 beginnt Charles Goodyear, zu Hause mit Kautschuk und verschiedenen Chemikalien zu experimentieren. Da er notorisch pleite ist, verkauft er sogar die Schulbücher seiner Kinder, um weitermachen zu können. Die Bitte seiner Ehefrau, sich endlich eine vernünftige Arbeit zu suchen, schlägt er in den Wind.
Schließlich kommt dem Erfinder der Zufall zu Hilfe: Als er dem Kautschuk Schwefel zufügt, tropft ein Teil der Masse auf die heiße Herdplatte. Dabei entsteht ein ebenso elastisches wie stabiles Gummi. Am 15. Juni 1844 erteilt ihm das amerikanische Patentamt das Patent 3633 für die "Vulkanisation" von Kautschuk.
Mit seinem Verfahren will Goodyear zunächst Gummistiefel und Gummizelte herstellen. Doch wie so viele Erfinder erweist er sich als schlechter Geschäftsmann. Wegen seiner Schulden landet er mehr als einmal Gefängnis. Auf der Weltausstellung in London 1851 sorgt Goodyear mit großen, schwebenden Ballons und Haushaltsgegenständen aus Gummi für Aufsehen.
Spott für glücklosen Tüftler
Goodyears Einnahmen reichen gerade aus, um Schulden abzuzahlen und neue Kredite zu erhalten. Doch auch ein Latexkondom, das er 1855 entwickelt, wird kein Erfolg. "Wenn ihr einen Mann seht", höhnt eine Zeitung, "der Gummikappe, Gummistock, Mantel, Weste und Schuhe aus Gummi trägt und der eine Gummi-Geldbörse hat, in der sich kein Cent befindet, dann ist es Charles Goodyear."
Das große Geld mit der Erfindung der Gummi-Vulkanisation machen später andere. Die Brüder Seiberling etwa, die ihre 1898 gegründete Gummiwaren-Fabrik in Anerkennung des Erfinders "Goodyear Tires and Rubber Company" nennen.
Da ist Charles Goodyear längst tot. 1860 in New York gestorben, hinterlässt er seiner Familie nur das Patent 3633 - und 200.000 Dollar Schulden.
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