25. September 1900 - Fritz Kolbe wird geboren

Stand: 25.09.2020, 00:00 Uhr

16. August 1943, 11:11 Uhr. Der Zug aus Berlin rollt in Basel ein. Fritz Kolbe, Konsularbeamter im Auswärtigen Amt, reist in die Schweiz ein - mit zwei Umschlägen, die versteckt an seinen Beinen angebracht sind. Sie enthalten zur Vernichtung bestimmte Depeschen, die über seinen Schreibtisch im Vorzimmer seines Vorgesetzten Karl Ritter gegangen sind. Ritter ist für die Verbindung zum Oberkommando der Wehrmacht zuständig.

Unter den Geheimpapieren, die Kolbe aus Nazi-Deutschland herausschmuggelt, befindet sich auch der Lageplan des "Führerhauptquartiers" in Ostpreußen und Hinweise über die bevorstehende Deportation der Juden Roms. Mit den Unterlagen können auch deutsche Spione in alliierten Auslandsvertretungen entlarvt werden.

Kontakt zum US-Geheimdienst

Die Grenze kann Kolbe unbehelligt passieren. Offiziell ist er Kurier für die Deutsche Gesandtschaft in Bern. Diese Aufgabe nutzt er, um mit den Alliierten ins Gespräch zu kommen. Obwohl der amerikanische Geheimdienst eine Falle fürchtet, gelingt Kolbe die Kontaktaufnahme. Der US-Gesandte und spätere CIA-Chef, Allen Dulles, empfängt den 42-Jährigen.

"Mit dem Vorwurf des Verrats hatte ich mich innerlich auseinander gesetzt und ihn überwunden. Hitler war durch Betrug und Gewalt an die Macht gekommen und hatte Deutschland und die ganze Welt in den Krieg gestürzt", schreibt Kolbe später.

"Deutscher Patriot"

Im Hotel verfasst Kolbe sein Testament, adressiert an die Pflegeeltern seines Sohnes: "Peter soll in meinem Sinn erzogen werden. Lehrt ihn keinen Hass gegen die Gegner und meine etwaigen Mörder."

Der Beamte versteht sich als "deutscher Patriot mit einem menschlichen Gewissen": "Mein Wunsch ist es, den Krieg zu verkürzen." Der am 25. September 1900 in Berlin geborene Sohn eines Sattlers hofft, dass "alle Wörter mit '-ismus' verschwinden werden: Nationalsozialismus, Faschismus und all die anderen."

Fritz Kolbe, Spion und Beamter (Geburtstag 25.09.1900) WDR 2 Stichtag 25.09.2020 04:16 Min. Verfügbar bis 23.09.2030 WDR 2

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1.600 Dokumente geliefert

Kolbe reist noch öfter in die Schweiz. Unter dem Decknamen George Wood liefert er rund 1.600 geheime Dokumente. Dabei sind auch Zielangaben für Bombardierungen von Waffenfabriken und Abschussrampen von sogenannten V2-Raketen.

Nach Kriegsende findet er in Berlin seine große Liebe wieder: Maria Frisch, Sekretärin des Chirurgen Ferdinand Sauerbruch. Im neuen Auswärtigen Amt erhält er jedoch keine Stelle. Seine Ex-Kollegen halten ihn für einen "Alliiertenknecht" und "Vaterlandsverräter".

1954 wird Kolbe Handelsvertreter einer US-Motorsägen-Firma. Mit 70 Jahren stirbt er am 16. Februar 1971 in Bern an Krebs.

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 25. September 2020 ebenfalls an Fritz Kolbe. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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