Das ehemalige Technologie- und Gründerzentrum TGZ und das Hauptgebäude der Fernuniversität Hagen (Aufnahme von 2004)

4. Oktober 1975 - Fernuniversität Hagen wird eröffnet

Stand: 04.10.2020, 00:00 Uhr

Immer mehr Studierende, veraltete Formen der Lehre, fehlende wissenschaftliche Weiterbildung - aus diesen Gründen wird Ende der 1960er Jahre in der Bundesrepublik über die Einführung eines Fernstudiums diskutiert. Geplant wird eine Bundes-Fernuniversität. Alle Universitäten und Fernsehanstalten sollen zusammen ein "Fernstudium im Medienverbund" realisieren.

Doch das Projekt zieht sich hin. Ein Fehlschlag droht. Deshalb entschließt sich NRW-Wissenschaftsminister Johannes Rau (SPD), eine landeseigene Fernuniversität zu gründen.

In einer "Geheimoperation" reisen Mitarbeiter seines Ministeriums zu Fernunis ins Ausland und lassen sich inspirieren. Rau will nicht, dass Kritiker seine Absicht schon im Vorfeld torpedieren.

Gesetz als Grundlage

Sein Plan geht auf: Als die Länder im Mai 1975 die Bundes-Fernuni aus Kostengründen stoppen, hat der NRW-Landtag längst ein Gesetz zur Errichtung einer Fernuniversität des Landes Nordrhein-Westfalen verabschiedet.

Darin heißt es: "Zum 1. Dezember 1974 wird eine Fernuniversität als Gesamthochschule mit dem Sitz in Hagen gegründet." Bereits zehn Monate später startet der Fernstudienbetrieb mit rund 1.330 Studierenden zum Wintersemester 1975/76.

Fernuniversität Hagen eröffnet (04.10.1975)

WDR 2 Stichtag 04.10.2020 04:00 Min. Verfügbar bis 02.10.2030 WDR 2


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"Sozialistisches Bildungsexperiment"

Die Eröffnungsfeier findet am 4. Oktober 1975 im Stadttheater Hagen statt. "Ich wünsche der Fernuniversität Hagen Erfolg und allen ein herzliches 'Glück auf!'", sagt NRW-Ministerpräsident Heinz Kühn (SPD) in seiner Rede.

In Teilen der wissenschaftlichen Welt gilt das Konstrukt Fernuni anfangs trotzdem als "Paradiesvogel", manchem CDU-Politiker gar als "sozialistisches Bildungsexperiment". Doch die Idee setzt sich durch: Heute sind rund 75.000 Studierende eingeschrieben.

Ortsunabhängiges Lernen

Wer in Hagen studiert, ist im Durchschnitt Ende 30, hat schon einen Beruf, häufig auch Familie. "Es ist ein Riesenvorteil, dass das Studium zu den Lernenden kommt. Es ist ortsunabhängig", sagt die Rektorin der Fernuniversität Hagen, Professorin Ada Pellert. "Wenn ich gut motiviert bin und weiß, wofür ich das mache, kann ich mir dieses Studium einfach wunderbar in mein Leben implementieren."

Selbst ein Fernstudium im Gefängnis ist möglich. "Ein Student, der als Inhaftierter in Ketten zur mündlichen Prüfung gebracht wird, das habe ich erlebt", erinnert sich der emeritierte Professor Helmut Lück. "Das war bei mir im Büro: mit Zwei-Personen-Bewachung. Und ich kann sagen, die Prüfung war ausgezeichnet!"

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