Besucher sitzen vor dem Filmforum Duisburg

27. September 1970 - Erstes kommunales Kino in Duisburg eröffnet

Stand: 27.09.2020, 00:00 Uhr

Überall in Europa geht das Kino in den 1960er Jahren neue Wege. Regisseure des italienischen Neorealismus, der Nouvelle Vague in Frankreich oder des jungen deutschen Films entwickeln neue Bild- und Erzählsprachen jenseits des Kommerzkinos. Es entstehen Meisterwerke, die die Filmgeschichte revolutionieren.

Cineasten in der Bundesrepublik können diese Filme allerdings nur in wenigen ambitionierten Filmclubs oder – höchst selten – im Fernseh-Nachtprogramm sehen. Denn gewerbliche Kinos machen ausschließlich mit US-Ware, Heimatschnulzen, Sex-Reports und Klamaukstreifen Kasse.

Spielplan ohne Kommerzzwang

In Duisburg planen Kulturpolitiker deshalb eine Pioniertat: Sie werben für die Einrichtung einer kommunalen Spielstätte für anspruchsvolle Filme. Als Josef Krings, der spätere Oberbürgermeister, den Ratsherren in einer Sitzung das aktuelle Programm der örtlichen Kinos vorliest, ist die Sache entschieden.

Am 27. September 1970 gründet die Stadt Duisburg mit dem "filmforum" das erste Kommunale Kino (KoKi) in der Bundesrepublik. Zunächst nur an drei Tagen der Woche, später mit vollem Spielplan, kommen dort ohne kommerzielle Zwänge neue Werke europäischer Autorenfilmer oder Klassiker der Filmkunst auf die Leinwand.

Erstes kommunales Kino der BRD (am 27.09.1970)

WDR 2 Stichtag 27.09.2020 04:14 Min. Verfügbar bis 25.09.2030 WDR 2


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Gewerbliche Kinos müssen KoKis hinnehmen

Bald folgen weitere Städte dem Duisburger Modell. Als in Frankfurt gewerbliche Kinobetreiber gegen die subventionierte Spielstätte klagen, sprechen die Richter ein wegweisendes Urteil: Neben klassischen öffentlichen Kultureinrichtungen wie Theater und Museen sei auch das Kino Träger von Kulturgut und deshalb zu öffentlicher Förderung berechtigt.

Der Erfolg der kommunalen Kinos ermutigt Filmfans wie Filmemacher. Mitte der 70er Jahre beginnt die große Zeit der Programmkinos und Filmfestivals mit thematischen Schwerpunkten werden begründet. So findet etwa in Duisburg seit 1977 die Duisburger Filmwoche für aktuelle deutsche Dokumentarfilme statt.

Existenzkampf bei leerem Stadtsäckel

Das Duisburger "filmforum" steigt unter Leitung von Kai Gottlob zum erfolgreichsten Kommunalen Kino Deutschlands auf. In den 35 Jahren seiner Ägide wird es um ein Café und einen zweiten Kinosaal erweitert.

Mehr als einmal kann Gottlob eine Schließung des "filmforums" in der von Finanznöten geplagten Ruhrmetropole abwenden. Und Michael Beckmann, seit 2019 Gottlobs Nachfolger, erklärt: "Eigentlich können Sie in blindem Vertrauen hier ins Kino gehen. Die schlechten Filme zeigen wir erst gar nicht."

Programmtipps:

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