An einem frühen Morgen im Juli 1909 startet Louis Blériot in Calais zu einem Flug in die Geschichte. Als erster Mensch überquert der Franzose den Ärmelkanal in einem Flugzeug und landet nach 37 Minuten sicher in England. Nur zehn Jahre später gründen die Gebrüder Farman aus Paris die "Ligne Farman", die erste internationale Linienfluggesellschaft der Welt.
Bislang ist Fliegen für Passagiere noch ebenso abenteuerlich wie unbequem. Meist hocken sie allein oder zu zweit beengt in leistungsschwachen Maschinen und bibbern vor Kälte oder Angst. An Bord der Farman F60 Goliath, die am 8. Februar 1919 in Paris zum ersten Linienflug nach London startet, reisen 14 Passagiere. Während des Flugs werden ihnen sogar Sandwiches und Champagner serviert.
Passagiere als Militärs verkleidet
Viel mehr Komfort hat die viermotorige Maschine allerdings nicht zu bieten. Es ist ein nur notdürftig umgebauter Bomber aus dem Weltkrieg. "Luftomnibus" nennt die Presse den riesig wirkenden Doppeldecker, der nach 155 Minuten Flugdauer sicher auf dem Aerodrom im Süden Londons aufsetzt. Beim Aussteigen tragen sämtliche Passagiere Uniform - gezwungenermaßen.
Flugpionier Henri Farman um 1910
Nur drei Monate nach Ende des Weltkriegs wollen die Briten noch keine zivilen Flugpassagiere ins Land lassen. "Sie mussten erst mal mit Militäruniformen eingekleidet werden", weiß der Luftfahrtjournalist Wolfgang Borgmann. "Pro Forma bekamen sie sogar einen Marschbefehl in die Hand."
Aero-Pionier Henri Farman feiert seinen Jungfern-Linienflug über den Ärmelkanal als Triumph: "Das Flugwesen ist die Zukunft! Das Publikum braucht kaum mehr etwas zu fürchten", verkündet er der Presse. "Mit unseren neuen viermotorigen Flugzeugen, mit unseren erprobten, gewandten Piloten ist eine Luftreise nicht gefährlicher als eine Überlandfahrt mit dem Automobil!"
Überstürzte Landung nicht ausgeschlossen
Am selben Tag gründet Henri mit seinem Bruder Maurice die "Lignes Farman“, aus der später die Air France hervorgeht. Sein Optimismus nach dem Erstflug erweist sich jedoch als verfrüht. Die Luftfahrt steckt noch in den Kinderschuhen. Die Chance, einen Flug ungemütlich auf einem Sturzacker im Nirgendwo zu beenden, bleibt vorerst ziemlich hoch.
Doch die Zeit ist reif für die Passagierfliegerei. Rasend schnell entstehen überall in Europa und den USA neue Airlines; eilig müssen einheitliche Bestimmungen für den Luftverkehr geschaffen werden. Noch 1919 gründen fünf Unternehmen deshalb die IATA, die International Aviation Transportation Association.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 08. Februar 2019 ebenfalls an den ersten Passagier-Linienflug. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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