"Nur wenn die Energiepolitik ökologischer wird, wird sie nachhaltig." Davon ist Jürgen Trittin schon lange vor der Fukushima-Katastrophe und den Dürre-Sommern überzeugt.
Als Bundesumweltminister bringt der Grünen-Politiker im Jahr 2000 das "Erneuerbare-Energien-Gesetz" mit auf den Weg. Künftig müssen die großen Energieversorger bevorzugt Strom aus Wind- und Solaranlagen ins Netz einspeisen und den Erzeugern feste Preise zahlen.
Ständiger Wind, wenig Unterbrechungen
Das neue Gesetz soll der Energiewende Rückenwind verschaffen und Innovationen fördern – wie die Stromerzeugung im Meer. Denn dort herrschen beste Bedingungen. "Auf See weht der Wind kontinuierlicher und mehr. Das bedeutet, wir haben nicht so viel Unterbrechungen", sagt Uwe Knickrehm von der "Arbeitsgemeinschaft Offshore Windenergie".
Und so schließen sich 2006 die Energiekonzerne RWE, E.ON und Vattenfall zusammen, um den ersten deutschen Offshore-Windpark zu bauen. Die 250 Millionen Euro teure Anlage wird ein staatlich gefördertes Pionierprojekt – Erkenntnis geht vor Rendite. Die Erfahrungen von "Alpha Ventus" sollen allen künftigen Offshore-Windparks zugutekommen.
Vom Borkumer Strand aus nicht zu sehen
Zwei Jahre später beginnen die Bauarbeiten rund 45 Kilometer nördlich vor Borkum. Vom Strand der Nordseeinsel aus verschwinden die zwölf riesigen Windräder hinter der Erdkrümmung, obwohl sie fast 150 Meter in die Höhe ragen. "Man sieht die Dinger nicht", sagt Uwe Knickrehm. Ein Pluspunkt für die Akzeptanz des ersten deutschen Hochsee-Parks.
Zwar wird bereits in Dänemark und England im Meer mit Wind Strom erzeugt. Aber diese Anlagen sind kleiner, stehen eher im seichten Wasser und in Küstennähe. Dagegen müssen die Räder von "Alpha Ventus" in 30 Metern Tiefe fest verankert werden, damit sie den Wetterextremen der Nordsee standhalten können.
Erfolgsprojekt Windparks im Meer
Die durchschnittliche Windgeschwindigkeit ist in Rotorhöhe mit acht Metern pro Sekunde rund doppelt so hoch wie im Binnenland. Zudem sind fünf bis sechs Meter hohe Wellen im Herbst und Winter nichts Ungewöhnliches. Neben der Technik soll "Alpha Ventus" auch die Auswirkungen auf die Tierwelt erforschen.
Am 27. April 2010 geht der erste deutsche Offshore-Windpark offiziell in Betrieb und entfacht in der Folge einen Windkraft-Rausch. Ein Jahrzehnt später produzieren mehr als 20 deutsche Windparks in der Ost- und Nordsee jedes Jahr so viel Strom wie sechs bis sieben große Atomkraftwerke.
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