Eckart Witzigmann ist der "Koch des Jahrhunderts". So jedenfalls betitelt ihn der Restaurantführer "Gault Millau". Diese höchste Auszeichnung der Gourmetwelt wurde zuvor nur an drei französische Meisterköche vergeben und danach nicht wieder.
Dabei sieht es zunächst nicht gut aus für Witzigmann. Fast hätte ihm die Gesellenprüfung die Suppe ordentlich versalzen. Die nämlich verbockt er im ersten Anlauf: nach eigener Aussage aus Liebeskummer. Doch dann packt ihn der Ehrgeiz. Die Folgen sind bekannt.
Haeberlein als Türenöffner
Witzigmann wird am 4. Juli 1941 als Sohn eines Schneiders im österreichischen Hohenems in Vorarlberg geboren. Groß wird er in Bad Gastein. Schon früh beschließt er, Koch zu werden und wird Lehrling bei Ludwig Scheibenpflug im "Hotel Straubinger" in seinem Heimatort. Danach arbeitet er im "Hotel Petersberg" in Königswinter ebenso wie im "Hotel National" in Davos. Dort lernt er beim Skifahren Jean-Pierre Haeberlein kennen. Der Spitzenkoch aus dem Elsass wird sein Mentor. Durch ihn geht Witzigmanns Traum in Erfüllung, in Frankreich zu kochen. Haeberlein öffnet ihm die Küchentüren von Paul Bocuse über Roger Vergé bis hin zu den Gebrüdern Michel und Pierre Troisgros. Gastspiele in London und Washington folgen.
13 Jahre lang geht Witzigmann bei den besten Köchen der Welt in die Lehre, dann hat er laut Haeberleins Auskunft selbst seinen Mentor überrundet. 1971 wird er Küchenchef im Münchner Nobelrestaurant "Tantris", wo er die aus Frankreich importierte "Nouvelle Cuisine" kultiviert. Der Münchner Schickeria sind deren Portionen zunächst zu übersichtlich, aber letztlich überzeugen kulinarische Sensationen wie poillierter Saibling, Chartreuse auf der Taube, Trüffelei auf Cremespinat, Kalbsbries auf Brennnessel-Risotto mit Morcheln oder Lebkuchen-Soufflee mit Altbier-Sabyon auch sie.
"Auf der Suche nach dem besten Produkt"
1973 und 1974 erkocht Witzigmann für das "Tantris" zwei Michelin-Sterne. Zu dieser Zeit wollen bereits alle Nachwuchstalente bei ihm in die Lehre gehen. 1978 eröffnet er mit der "Aubergine" sein eigenes Lokal, das schon ein Jahr später als erstes deutsches Restaurant mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet wird. Fortan bewirtet Witzigmann Präsidenten, Königinnen und Maharadschas. Reich wird er trotzdem nicht. Denn Witzigmann ist ein Perfektionist, der viel Geld in seine Gerichte steckt. Er lädt seine Gäste großzügig ein, oft werden 45 Leute von 40 Mitarbeitern verköstigt.
"Auf der Suche nach dem besten Produkt" arbeitet Witzigmann teils 16 Stunden am Tag. Eine private Verfehlung kostet ihn 1993 seine Konzession als Restaurantchef. Doch er berappelt sich, konzipiert als Berater Restaurants auf aller Welt, geht mit seinem kulinarischen Artistik-Etablissement "Witzigmann Palazzo" auf Tournee. Bis 2006 bewirtet er darin rund 150.000 Gäste mit Vier-Gänge-Menüs. Seit 2007 ist er "Professeur de la Cuisine" der Universität von Örebro.
Zu seinem 75. Geburtstag wird sich Witzigmann laut Auskunft seines Freundes Erich Steuber aber selbst bedienen lassen: "Seine Jungs werden alle zusammenkommen, die durch ihn ihren ersten, zweiten und dritten Stern bekommen haben. Und das sind ja mehr als ein Dutzend in Deutschland."
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