Wenn Feuerwehr, Polizei oder Rettungsdienst mit lautem "Tatütata" durch die Straßen rasen, haben sie einen schwerwiegenden Grund - etwa weil Menschenleben in Gefahr sind. Für andere Verkehrsteilnehmer bedeutet das: nicht im Weg stehen, Einsatzfahrzeuge durchlassen.
Die schrillen Töne des Martinshorns dürfen dabei immer nur zusammen mit dem Blaulicht eingesetzt werden - und auch nur dann müssen andere Platz machen. So steht es in der Straßenverkehrsordnung (StVO), die seit dem 29. März 1956 die so genannten Sonder- und Wegerechte regelt.
Wer nur die blauen Rundumkennleuchten - so der Fachbegriff für das Blaulicht - einschaltet, darf zwar auch über rote Ampeln fahren, das Tempolimit missachten oder überholen, wo es eigentlich verboten ist. Aber freie Bahn gewährt die StVO nur in Kombination mit dem Martinshorn und seinem typischen Sound. Wie der genau zu klingen hat, regelt übrigens eine eigene DIN-Norm. Alles streng nach Vorschrift eben.
Martinshorn stammt nicht von Sankt Martin
Auch das Martinshorn hat eine amtlich korrekte Bezeichnung: offiziell heißt es Folgetonhorn. Der umgangssprachliche Name stammt entgegen vieler Meinungen nicht vom Heiligen Sankt Martin ab, sondern ganz schlicht und ergreifend vom Familiennamen des Erfinders. Die Deutsche Signal-Instrumenten-Fabrik Max B. Martin entwickelt bereits 1913 die erste Druckluftfanfare und 1932 zusammen mit Polizei und Feuerwehr ein Mehrtonhorn. Seit dieser Zeit besteht die geschützte Wortmarke "Martin-Horn". Das "s" als bindender Konsonant hat sich im Laufe der Jahre dazwischengemogelt.
Bis dahin machen sich Einsatzfahrzeuge oft nur mit einem Glockenspiel bemerkbar. Oder - noch skurriler - mit Hilfe eines Hornisten, der Trompete blasend auf einem Fahrrad vorausfährt.
Blaues Licht ist noch frei
In der Nazizeit werden dann Martinshorn und Blaulicht offiziell zur Pflicht für Polizei- und Feuerwehrautos. Dass der Erlass von 1938 ausdrücklich ein "blaues Kennlicht" vorschreibt, liegt einfach daran, dass andere Farben schon vergeben sind. Gelb leuchtet es im Straßenverkehr ohnehin an jeder Ecke, mit der Einführung der Ampel sind auch Rot und Grün reserviert. Blau ist noch frei.
In den ersten Jahren ist es bloß ein einfacher blauer Scheinwerfer, der geradeaus strahlt und seitlich am Auto angebracht ist. Während eines Einsatzes muss der Beamte erst mühsam das Seitenfenster runterkurbeln, um den Schalter zu betätigen. Das blinkende Blaulicht kommt dann 1956. Heute dürfen Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste, Militär und Katastrophenschutz mit Blaulicht fahren - alle anderen nicht. Wer es trotzdem tut, riskiert eine saftige Geldstrafe.
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
Stichtag am 30.03.2021: Vor 70 Jahren: Geburtstag des BAP-Frontmanns Wolfgang Niedecken