Tor mit Wehrtürmen des restaurierten Limes-Kastells Saalburg im Taunus

Stichtag

15. Juli 2005 - Die Unesco erklärt den Limes zum Weltkulturerbe

Im Jahr 9 n. Chr. erleidet das römische Imperium eine der schwersten Niederlagen seiner Geschichte. Bei der Schlacht im Teutoburger Wald metzeln die Germanen von Cherusker-Fürst Arminius aus dem Hinterhalt über 15.000 Legionäre des Feldherrn Varus nieder, etwa ein Achtel der römischen Gesamtstreitmacht.

Nach dem Sieg des Arminius unternehmen Roms Kaiser kaum noch Versuche, das rechtsrheinische Germania inferior zu erobern. Stattdessen sichern sie die Reichsgrenze und errichten in der Folge den Limes, eine Grenzbefestigung, die sich 550 Kilometer durch das heutige Deutschland zieht. Am 15. Juli 2005 wird das größte Bodendenkmal der Bundesrepublik zum Weltkulturerbe erklärt.

Befestigtes Frühwarnsystem

Die von der Unesco geschützte Grenzlinie ist als Obergermanisch-Raetischer Limes (lat. "Schneise", "Grenzweg") der besterhaltene Teil eines Systems antiker "limites". Zur Blütezeit des römischen Imperiums zog es sich vom Hadrianswall in Nordengland bis zur Donaumündung und entlang des Euphrat durch die syrische Wüste bis nach Nordafrika. "Beim Limes im engeren Sinn aber", erklärt der Altertumsforscher Thomas Fischer, "spricht man vom Obergermanisch-Raetischen Limes (ORL)". Er schlängelt sich kreuz und quer nach Süden, von Rheinbrohl bei Neuwied über den Hochtaunus bis nach Hienheim an der Donau.

Zwischen dem 1. und 3. Jahrhundert errichtet, besteht der ORL aus bloßen Erdwällen, Palisadenzäunen oder Steinmauern. Parallel verlaufen Patrouillenwege, Wachtürme im Sichtabstand ermöglichen eine schnelle Nachrichtenübermittlung. Direkt am Limes und im Hinterland sichert ein Netz aus Hunderten Kastellen und Versorgungsposten die Provinzen Germania superior und Raetia. Dabei bildet die Grenze keine undurchdringliche Festungslinie, eher ein befestigtes Frühwarnsystem, um bei Einfällen germanischer Stämme schnell große Truppeneinheiten mobilisieren zu können. Als besterhaltenes Bauwerk des Weltkulturerbes kann heute die vollständig rekonstruierte Saalburg im Taunus besichtigt werden.  

Großstämme überrennen die Grenze

Nicht nur militärisch, sondern auch als Zollgrenze hat der Obergermanisch-Raetische Limes für Rom große Bedeutung. Überall in den durch die Armeepräsenz sicheren Gebieten entstehen Siedlungen und Handelsplätze, der Warenaustausch mit befriedeten Germanen-Stämmen blüht. Doch im Lauf des 3. Jahrhunderts häufen sich im römischen Imperium die Krisenherde; innere Konflikte, Bürgerkriege und Inflation bringen den Grenzausbau zum Stillstand. "Und vor allem hatten die Germanen dazugelernt", so der Archäologe Fischer. "Aus vielen kleinen, oft verfeindeten Stämmen, die Rom bislang leicht in Schach halten konnte, entwickeln sich Großstämme wie die Franken und die Alemannen."

Die neuen Großstämme nutzen ihre Chance zum Durchbruch, als Rom Truppen vom Limes abziehen muss, um im fernen Osten die Perser abzuwehren. Germania superior und Raetia werden verwüstet, so dass sich die Römer hinter leichter zu verteidigende Grenzen an Rhein und Donau zurückziehen müssen. Die schutzlosen Kastelle, Mauern und Palisaden des Obergermanisch-Raetischen Limes verfallen; Wälle, Gräben und Pfade verschwinden größtenteils. Auch das Wissen um Ursprung und Bedeutung der Grenzanlage gerät völlig in Vergessenheit. Erst im 19. Jahrhundert beginnen Historiker, das Geheimnis um die erhaltenen Reste des Limes zu entschlüsseln und seinen Verlauf zu rekonstruieren.

Stand: 15.07.2015

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