Besonders angenehm war es nicht in Berlin zu leben, Anfang des 19. Jahrhunderts. Nach dem Abzug der napoleonischen Besatzungstruppen hatten die etwa 160.000 Einwohner mit Armut, Hungersnöten und Lepra-Epidemien zu kämpfen. Die Zahl der Verbrechen stieg rapide an. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. verfügte per Kabinettsorder, "dass die bisher von der Kriminal-Deputation des Stadtgerichts verwalteten kriminalpolizeylichen Geschäfte mit den dazu bestimmten Kriminal-Kommissarien und Kriminal-Sekretairs zur Polizey, wohin sie eigentlich gehören, übergehen."
Listen, Listen, Listen
Am 1. April 1811 wechselten die Ermittler in das neu gegründete Polizeipräsidium. Die erste deutsche Kriminalpolizei war geboren. Hatten die Kommissare vorher unter der Aufsicht des Gerichts gestanden, so durften sie jetzt in eigener Verantwortung Straftaten aufklären. Und die gab es reichlich. "In allererster Linie waren es Diebstahlsdelikte. Es ist aber auch schon von Schwarzarbeit, Mietwucher und Spekulation die Rede. Prostitution spielte eine große Rolle, dazu Schlägereien und Körperverletzungen", sagt Jens Dobler, Leiter der Polizeihistorischen Sammlung in Berlin.
Das erste Kripo-Team war recht klein: Sechs Kommissare und ein paar Hilfsbeamte begaben sich auf die mühsame Tätersuche. Eine professionelle Spurensicherung gab es noch nicht. Ein Polizeitheoretiker der damaligen Zeit sagte: "Listen, Listen, Listen, Listen anlegen, das sind die Hülfswaffen der Polizei". Jens Dobler erklärt: "Es wurden also Listen geführt, von ehemaligen Häftlingen, von Arbeitslosen, von Prostituierten, von Personen, die unter polizeilicher Aufsicht standen. Es gab Listen der gestohlenen Gegenstände oder Listen der offenen Fälle."
Immerhin erschienen die ersten Fahndungsblätter, Steckbriefe in denen die Gesuchten in Textform beschrieben wurden. "Und die Kriminalkommissare waren damals schon mit einer so genannten Vorderlader-Pistole bewaffnet", sagt Dobler. Auch Handfesseln, also Handschellen, hatten sie parat – und eine Kripo-Marke, mit der sie sich ausweisen konnten.
Angst vor revolutionären Bestrebungen aus Frankreich
Die Verbrecherjagd war aber nur ein Tätigkeitsfeld. Denn die Kripo galt damals als eine politische Polizei und war daher vorwiegend geheimdienstlich tätig. Speziell aus Frankreich drohten revolutionäre Bestrebungen. Die Herrschenden fürchteten eine Umsturzpartei. Die Kommissare hatten vor allem die Aufgabe, umstürzlerische Agitatoren aufzuspüren und genau zu beobachten, ob sich eine Revolution anbahnte. Erst ab 1850 trennten sich die Wege der politischen und der Kriminalpolizei.
Stand: 01.04.2016
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