1. Juli 1896 - Reichstag verabschiedet das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB)

Stand: 25.06.2021, 09:51 Uhr

Von Juristen hochgelobt, von den Bürgern häufig nicht verstanden: Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt das zivile Leben der Staatsbürger in Deutschland. Am 1. Juli 1896 verabschiedet der Reichstag die erste Ausgabe des Mammutwerks.

Der Reichstag verabschiedet das BGB (01.07.1896) WDR ZeitZeichen 01.07.2021 14:40 Min. Verfügbar bis 02.07.2099 WDR 5

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Aus vier Königreichen, sechs Großherzogtümern und zahlreichen Kleinstaaten entsteht 1871 ein deutscher Nationalstaat. Unter dem Dach des Kaiserreichs behält jedes Land zunächst seine eigenen Zivilgesetze, die das Zusammenleben der Bürger regeln.

Wer in München ein Haus kaufen oder eine Ehe schließen will, muss andere Regeln beachten als in Köln oder Berlin. Das soll sich im Sinne der nationalen Einheit ändern – gleiches Recht für alle Bürger überall.

So liberal wie möglich

Eine Mammutaufgabe für die beauftragten Rechtsgelehrten. 25 Jahre feilen sie an den rund 2.300 Paragrafen. Erklärtes Ziel ist ein liberales Bürgerrecht, das dem "mündigen" Bürger höchstmögliche Freiheit gewährt. Den Schutz von Arbeitern und Mietern sollen indes Sondergesetze regeln, aber nicht das BGB.

Das sorgt für viele Proteste. Die Industrialisierung offenbart Ende des 19. Jahrhunderts vor allem in den Städten eine große soziale Not. Die SPD will mehr Schutz für Arbeiter, Frauen fordern mehr gesetzlich verankerte Freiheiten ein.

Von Verlobung bis Bienenschwarm

Ein erster Entwurf des BGB muss umgeschrieben werden. Der Streit geht weiter, eine Mehrheit entsteht letztlich nur, weil sich die Gegner des Gesetzes nicht einigen können. Am 1. Juli 1896 verabschiedet der Reichstag das BGB, im August setzt Kaiser Wilhelm II. seine Unterschrift darunter.

Vier Jahre später tritt das BGB mit seinen fünf Teilen: Allgemeiner Teil, Schuldrecht, Sachrecht, Ehe- und Familienrecht und Erbrecht in Kraft. Egal ob ein Bienenschwarm herrenlos, Geld zu Wucherzinsen verliehen oder eine Verlobung gelöst wird – das BGB legt fest, was rechtens ist.

Im Wandel der Gesellschaft

Das Gesetzbuch übersteht zwei Weltkriege, muss aber mehrfach überarbeitet werden. So verliert das Familienrecht die patriarchalisch-konservativen Passagen, nach denen etwa Frauen die Genehmigungen des Ehegatten benötigen, wenn sie arbeiten wollen.

Seit der Jahrtausendwende muss sich das BGB vor allem dem digitalen Leben anpassen. Welche Rechte und Pflichten gelten, wenn beispielsweise ein Logarithmus und nicht mehr ein Mensch mit einem Hammer die Versteigerung eines Gegenstandes organisiert?

Jeder gesellschaftliche Wandel muss sich nach und nach auch in den Gesetzestexten finden. Daher wird das Bürgerliche Gesetzbuch wohl nie zu Ende geschrieben sein, sondern in immer neuen Auflagen erscheinen – mittlerweile in der 87.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Irene Geuer
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 1. Juli 2021 an das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.

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