In Indonesien, auf den Molukken und im Sudan, so die Erfahrung des Reisenden Wilhelm Joest, "wurden Eau de Cologne und andere alkoholische Parfums geradezu massenhaft getrunken". Die Neugier treibt ihn zum Selbstversuch, er verkostet also echtes Kölnisches Wasser mit einem Spiritusgehalt von 90 Prozent. Und stellt fest, je besser der Duft, desto lausiger der Geschmack. Der Cognac danach schmeckt ihm "mild wie Muttermilch".
Gepäck voll fragwürdiger Exponate
Als Sohn eines Zuckerfabrikanten wird Joest 1852 in Köln geboren. Auf Reisen nach Nord- und Südamerika soll er den Zuckerhandel kennenlernen. Stattdessen wird seine Neugier auf das Leben fremder Kulturen geweckt. So beginnt 1879 seine ethnologische Laufbahn, die ihn nach Asien führt, zu Ausgrabungen in Afghanistan, nach Myanmar, Siam und Java. Stets im Gepäck bei der Rückreise: Exponate fremder Völker. Sie bilden später den Grundstock des Rautenstrauch-Joest-Museums in Köln. Bei Adolf Bastian, dem Begründer der deutschen Ethnologie, promoviert Joest.
Der gewalttätige Ehemann
Sein Vater drängt Wilhelm zu einer Ehe mit Clara vom Rath, die gleichfalls aus einer Zuckerfabrikantenfamilie stammt. Joest wird gewalttätig gegen seine Frau, deren Eltern schließlich dafür sorgen, dass die Ehe wieder geschieden wird. Es stellt sich die Frage, ob Joest auch bei der Aneignung von Speeren, Tabaksdosen oder Gebetsbüchern Gewalt ausgeübt hat. Er selbst schreibt von Kauf und Tausch, aber wie groß war die strukturelle Gewalt, die Abhängigkeit, die Ohnmacht der Kolonisierten?
Fragen, die sich heute auch die Verantwortlichen im Rautenstrauch-Joest-Museum stellen. Ebenso wie andere ethnologische Sammlungen prüfen sie die Bestände auf mögliche Restitutionen.
Die letzte Reise
Zu seiner Zeit war Joest ein angesehener Wissenschaftler, heute wird sein Lebenswerk differenzierter betrachtet. In seiner Villa in Berlin soll im Flur sein Ebenbild als Wachsfigur gestanden haben. Mit 45 Jahren bricht er zu seiner letzten Reise auf, sie führt in zu den Santa Cruz Inseln im Pazifik. Er wird schwer krank, vermutlich ist es das Schwarzwasserfieber, begünstigt durch eine frühere Malaria-Infektion. Als auch noch ein Beinbruch hinzukommt, stirbt Joest am 25. November 1857 im Alter von 45 Jahren. Er wird auf der Insel Ureparapara begraben.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Irene Geuer
Redaktion: Matti Hesse
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 25. November 2022 an den Todestag des Ethnologen Wilhelm Joest. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
ZeitZeichen am 26.11.2022: Vor 80 Jahren: Uraufführung des Films "Casablanca"