Durch geschickte Hochzeiten, Erbschaften und Zukäufe gehören schon seit dem 12. Jahrhundert Teile Frankreichs zur englischen Krone. Als die Engländer dann noch die Hoheit über den Ärmelkanal für sich beanspruchen, wird es dem französischen König Philipp VI. zu bunt: Er erklärt 1337 das Herzogtum Aquitanien, ein Lehen des englischen Königs, für konfisziert.
In London ist man darüber "not amused". König Eduard III. holt zum Gegenschlag aus, indem er sich kurzerhand zum rechtmäßigen französischen König erklärt. Immerhin sei er durch seine Mutter Isabella ein Enkel von Philipp dem Schönen.
Eduard III. fällt 1346 in Frankreich ein
In Frankreich sieht man die Sache natürlich ganz anders. Dort sitzt inzwischen Philipp VI. auf dem Thron und denkt nicht daran, Eduard III. seinen Platz zu überlassen. Der französische Herrscher pocht auf die Legitimität seiner Thronfolge. Wenn keiner nachgeben will, hilft – wie im Mittelalter üblich – nur der Griff zu den Waffen. 1346 erreicht der englische König samt einem schlagkräftigen Heer die Normandie.
Zahlenmäßig überlegene, aber müde Franzosen
Stadt für Stadt, Dorf für Dorf, Siedlung für Siedlung verwüsten die englischen Krieger bei ihrem Zug durch den Westen und die Mitte Frankreichs. König Philipp VI. muss handeln und trommelt ein gewaltiges Heer zusammen. Dabei sind zahlreiche Ritter, die seit den Kreuzzügen der Nimbus der Unbesiegbarkeit umweht.
Am 26. August 1346 kommt es zum großen Showdown bei Crécy, nördlich von Abbeville. Das französische Heer ist zahlenmäßig weit überlegen, trifft aber erschöpft vom langen Marsch und völlig ungeordnet auf den Gegner.
Langbogen verhilft zum Sieg
Die Engländer blicken voller Furcht auf die heranrückenden Truppen, halten ihren Trumpf aber buchstäblich in den Händen. "Die große Innovation war die Verwendung des Langbogens," erklärt der Historiker Frank Rexroth, "wobei diese Bögen über eine Bespannung verfügten, so dass ihre Geschosse auch die Panzerung der Ritter durchschlagen konnten."
Der französische König Philipp VI. ahnt Schlimmes und will dem Feind lieber einen Tag später in aller Frische und mit gesammelter Truppe begegnen. Doch die Schlacht entwickelt eine Eigendynamik, die sich nicht mehr anhalten lässt. Von hinten stürmen französische Ritter heran, flüchtende Armbrustschützen behindern die Panzerreiter, Tausende galoppieren direkt in den steten Hagel englischer Pfeile.
Das Trauma von Crécy
Am Ende liegen rund 1.700 französische Ritter und hochrangige Adelige auf dem Boden. Den Franzosen bleibt nur der Rückzug nach einer verheerenden Niederlage. Crécy wird zum Trauma, steht über Jahre für einen beispiellosen Aderlass der französischen Aristokratie. Die Engländer gehen dank der besseren Waffen und geschickteren Strategie als Sieger von Crécy in die Geschichte ein, müssen sich aber in den folgenden Jahrzehnten nach und nach vom Kontinent zurückziehen.
Autor des Hörfunkbeitrags: Herwig Katzer
Redaktion: Ronald Feisel
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 26. August 2021 an die Schlacht von Crecy im Hundertjährigen Krieg. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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