Mit der Besetzung seines Nachbarstaates Kuwait im Jahr 1990 löst der irakische Diktator Saddam Hussein den zweiten Golfkrieg aus. Dabei befreien die USA unter ihrem Präsidenten George Bush zwar Kuwait, schonen aber den Diktator Saddam Hussein - auch weil das Mandat der Vereinten Nationen keinen Regimewechsel in Bagdad vorsieht.
Strenge Auflagen für Saddam Hussein
Nach der verlustreichen Niederlage erhält Saddam Hussein strenge Auflagen der Vereinten Nationen, spielt aber mit den Waffenkontrolleuren ein Katz- und Maus-Spiel. Mit Inspektorenteams, aber auch mit einer gezielten Bombardierung von Anlagen versteht es der US-Präsident Bill Clinton, Saddam Hussein in Schach zu halten.
Clintons Nachfolger George W. Bush verfolgt jedoch eine andere Strategie. Nach den Anschlägen vom 9. September 2001 beginnt er seinen "War on Terror", seinen weltweiten Krieg gegen den Terrorismus. Dazu gehört auch, den Irak zu besetzen und Saddam Hussein zu stürzen.
Allerdings fehlt dazu das Placet vom Weltsicherheitsrat. Der US-Präsident schickt deshalb nicht seinen "Falken" Verteidigungsminister Donald Rumsfeld auf die Bühne der Vereinten Nationen, sondern seinen friedfertigen Außenminister Colin Powell. 76 Minuten lang liefert Powell dort Begründungen, die sofort mit einer Lüge beginnen.
Tatsächlich sind die Quellen ungeprüft oder unseriös. In einer oscarreifen Inszenierung versorgt er die Weltöffentlichkeit dabei mit Halb- und Unwahrheiten. Saddam Hussein baue trotz UN-Sanktionen weiter an Massenvernichtungswaffen, atomaren, biologischen und chemischen. Er könne bis zu 16.000 Raketen mit chemischen Kampfstoffen bestücken.
Powell präsentiert auch Fotos, etwa von einem Fahrzeug zur Dekontamination. Das Foto sei, so Powell, ein klarer Beweis, dass in dem Bunker daneben chemische Waffen gelagert oder produziert würden. Wenn das Bild aber in Farbe gezeigt worden wäre, hätte man erkannt, dass es ein Feuerwehrauto war. Er zeigt Aluminiumröhren zum Beweis für Saddams Atomprogramm. Allerdings hat der Chef der internationalen Atombehörde zuvor mehrfach berichtet, dass diese illegalen, aber kontrollierten Röhren nicht zur Urananreicherung geeignet seien.
Eine vermeintliche rollende Chemiewaffenfabrik aus sieben LKWs gibt es auch nicht. Sie ist die Erfindung eines Irakers, der vom Bundesnachrichtendienst als Quelle angezapft wurde.
Völkerrechtlich nicht legitimierter Krieg
Wenige Wochen nach Powells Vortrag führen die USA einen völkerrechtlich nicht legitimierten Krieg gegen den Irak. Er kostet bis zu 40.000 Soldaten das Leben. Bis zum Ende der Besatzungszeit im Jahr 2011 kommen geschätzt bis zu 600.000 Zivilisten um. Immerhin gibt Colin Powell später zu, dass er falsche Tatsachen verbreitet hat. Er habe jedoch nicht gewusst, dass einige der Informationen falsch gewesen seien. Seinen Auftritt vor dem Weltsicherheitsrat bezeichnet er selber als "Schandfleck" in seiner Karriere.
Autor des Hörfunkbeitrags: Heiner Wember
Redaktion: Matti Hesse
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