Im komplizierten Nahost-Konflikt radikalisiert sich die 1964 gegründete Palästinensische Befreiungsorganisation PLO zunehmend. Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik: "Die palästinensischen Gruppierungen, die waren in den Nachbarländern so eine Art parasitäre Existenz. Die haben versucht, zunächst in Jordanien und dann im Libanon staatliche Ressourcen zu nutzen, um den bewaffneten Kampf gegen Israel zu führen."
Steinberg weiter: "Fast alle palästinensischen Gruppierungen sind eine Bedrohung für das politische System des Libanon." Sie kämpfen Anfang der 1980er Jahre vom Bürgerkriegsland Libanon aus für ihr eigenes Ziel: gegen Israel und für einen souveränen Staat Palästina. Der Nahost-Experte Steinberg: "Die Fatah von Yassir Arafat, die so etwa 15.000 hauptberufliche Kämpfer unter Waffen hat und die einen regelrechten Staat im Staate aufbaut – sie hat eine territoriale Präsenz in West-Beirut. Sie hat aber auch eine Präsenz im Süden des Landes, von wo aus sie Israel mit Raketen beschießt."
Warum die PLO aus Beirut verdrängt wird
Durch den 1975 begonnenen libanesischen Bürgerkrieg fühlen sich auch Nachbarländer bedroht: Syrien interveniert auf Seiten der Christen, weil das Regime von Hafiz al-Assad einen neuen palästinensischen Teilstaat im Libanon verhindern will. Israel fühlt sich bedroht, weil die PLO den Südlibanon nutzt, um Nordisrael mit Raketen zu beschießen. Der Iran unterstützt ab 1982 die ebenfalls im Südlibanon lebenden Schiiten gegen die Palästinenser und baut dort die bewaffnete schiitische Hisbollah auf.
Im Juni 1980 macht der libanesisch-christliche Milizenführer Bashir Gemayel unmissverständlich klar, dass die Palästinenser das Land verlassen sollen. Im Juni 1982 rollen israelische Panzer in den Libanon. Israels Verteidigungsminister Ariel Scharon will, dass die PLO aufhört zu existieren.
Der Repräsentant der PLO in Deutschland, Abdallah Frangi, äußert zur selben Zeit im fernen Bonn gegenüber dem Westdeutschen Rundfunk: "Arafat ist in Beirut und die Führung der PLO ist in Beirut. Und die werden in Beirut bleiben! Natürlich, es wird sehr hart. Es wird viele Tote bei uns geben, aber wir werden niemals aufgeben und die Waffen werden die Israelis niemals von unseren Händen wegnehmen können."
Hunderttausende Palästinenser bleiben im Libanon
Doch Frangis Zuversicht ist eine Illusion. Auf internationalen Druck müssen rund 20.000 PLO-Kämpfer die Region am 21. August 1982 verlassen. Geschützt von französischen, amerikanischen und italienischen Truppen gehen sie auf Schiffe vor der Küste Beiruts. Eine Woche später verlässt auch PLO-Chef Yassir Arafat den Libanon Richtung Tunesien. Rund 500.000 Palästinenser aber verbleiben in libanesischen Flüchtlingslagern.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Marfa Heimbach
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 21. August 2022 an den Abzug der PLO aus Beirut. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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