Im Zweiminutentakt knattern schwere Transportmaschinen über die Köpfe der West-Berliner. Noch vor drei Jahren bedeutete Fluglärm Todesangst, Flucht vor den Bomben, Ausharren in Kellern und Bunkern. Doch Ende Juni 1948 stehen die Flugzeuge über Berlin plötzlich für Rettung und Überleben. Denn die Luftbrücke der Alliierten versorgt Millionen Menschen im Westteil der Stadt, den die Sowjets komplett abriegeln.
Der Grund für die Blockade von West-Berlin, das mitten in der sowjetischen Besatzungszone liegt, ist ein Streit zwischen den Alliierten und der UdSSR. Die Westmächte haben in ihren Zonen die D-Mark als neue Währung eingeführt. In Berlin kommt es zur Konfrontation: Die Sowjetunion befürchtet, dass die westliche Mark auch im Ostsektor Zahlungsmittel werden könnte, und will die Amerikaner, Engländer und Franzosen aus der Stadt vertreiben.
Ohne Vorwarnung unterbricht Kreml-Chef Stalin die Stromversorgung, auch Land- und Wasserwege werden gesperrt. West-Berlin wird zur Insel. Was bleibt, sind drei zugesicherte Flugkorridore.
General Lucius Clay, Militärgouverneur der US-Besatzungszone, will den Sowjets nicht das Feld überlassen und ordnet am 25. Juni 1948 eine Luftbrücke von Westdeutschland nach Berlin an. Denn nach dem Krieg liegt die Stadt immer noch in Trümmern und braucht Versorgung. Die Lebensmittelvorräte reichen für einen Monat, die Kohle in den Kraftwerken für zehn Tage.
Lebensmittel und Kohle statt Bomben
Und so landen bloß zwei Tage nach der Abriegelung die ersten Douglas DC 3 auf dem Flughafen Tempelhof. Im Zweiten Weltkrieg haben sie noch Bomben abgeworfen, jetzt versorgen sie die Berliner mit Nahrung, Kohle und Medizin.
Ab August 1948 können die "Rosinenbomber" den Mindestbedarf decken, weil sie die Luftkorridore nach einem präzisen Plan nutzen: Über den nördlichen und südlichen kommen die Maschinen auf fünf Flugebenen aus Richtung Hamburg und Frankfurt, der mittlere Korridor nach Hannover wird nur für Rückflüge genutzt. Gesäumt sind sie dabei stets von russischen Kampffliegern, die angriffsbereit darauf lauern, dass jemand den Korridor verlässt.
Berliner brauchen Durchhaltekraft
Die Luftbrücke ist eine Anstrengung - sowohl für die Alliierten als auch die Berliner, die trotz der Versorgung aus der Luft große Einschränkungen ertragen müssen. Bürgermeister Ernst Reuter wird zur Symbolfigur für die Durchhaltekraft, als er am 9. September vor der Ruine des Reichstagsgebäudes spricht: "Ihr Völker der Welt: Schaut auf diese Stadt. Und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft, nicht preisgeben könnt."
Bis Russland schließlich am 12. Mai 1949 die Blockade aufhebt, kommen insgesamt 2,3 Millionen Tonnen Fracht über den Luftweg nach Berlin. Rund 280.000 Mal hebt ein Flieger ab, 76 Menschen verlieren bei Flugunfällen ihr Leben. Die Luftbrücke wird noch bis Herbst 1949 fortgeführt, um die Vorräte in Berlin aufzufüllen.
Am Ende wird die Berlin-Krise zum Wendepunkt in der deutschen Nachkriegsgeschichte: Sie markiert die endgültige Teilung in zwei Staaten.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Susanne Rabsahl
Redaktion: David Rother
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