Gestartet als billiges, prestigefreies Fortbewegungsmittel für alle, wird er am Ende knapp 22 Millionen Mal produziert. Die Rede ist vom VW Käfer. Er wird vom Arbeiter genauso gefahren wie vom Generaldirektor, dient als Kultobjekt bei Hippiefestivals und macht als Hauptdarsteller in Kino-Klassikern wie "Herbie" Schlagzeilen.
Der Siegeszug des knuffigen Wagens beginnt 1933 mit Adolf Hitlers Vision von einem "Volkswagen für alle Schichten". Ferdinand Porsche entwickelt das Ur-Modell, für das er eine Idee des Konstrukteurs Béla Barényi aus den 1920er-Jahren aufgreift. Oval wie ein Ei mit ausladenden Kotflügeln hat der "Kraft durch Freude-Wagen", wie er von den Nazis genannt wird, seine ganz eigene Optik.
Wehrmachtsautos statt Käfer
Der Zweite Weltkrieg stoppt die Serienfertigung des Massen-Mobils jedoch, bevor sie beginnt - statt der Käfer rollen erst einmal Wehrmachtsautos vom VW-Band. Erst 1947 können Privatpersonen die ersten Modelle kaufen, danach ist das Auto aus Wolfsburg nicht mehr zu bremsen. Schon 1955 feiert Volkswagen das millionste Exemplar und auch in den USA kommt der Käfer gut an.
Dabei verzeihen seine Fans dem kugeligen Wagen mit Kulleraugen, Rheumaklappe und Brezelfenster etliche Schwächen. So braucht es beispielsweise viele Streicheleinheiten, um Gucklöcher in die beschlagenen Scheiben zu wischen. Unter der Fronthaube kann man kaum einen Koffer für den Familienurlaub verstauen und die Heizung lässt einem nur die Wahl zwischen Frieren und Schwitzen.
Meistgebautes Auto der Welt
Da die Wolfsburger Produktion allmählich aus allen Nähten platzt, errichtet VW Zweigwerke in Hannover, Kassel, Braunschweig und der ostfriesischen Hafenstadt Emden. Von hier tritt rund ein Drittel aller Volkswagen die Reise über den Atlantik an. 1972 schließlich ist der Käfer das bis dahin meistgebaute Auto der Welt.
Doch mit den ersten Nachkriegsrezessionen und dem Ende des Wirtschaftswunders erlebt auch VW eine Absatzkrise - nicht zuletzt, weil sich das Unternehmen lange auf seinem guten Image ausruht. Der Käfer sieht plötzlich nicht nur alt aus, sondern ist auch technisch veraltet. Hätte der Golf als Käfer-Nachfolger nicht gleich eingeschlagen, wäre Volkswagen wohl nicht zu retten gewesen.
Letzter Käfer aus Emden
1974 verlegt der Konzern die Inlands-Montage vollständig in das Emdener Exportwerk. Noch vier Jahre wird das Kultauto dort produziert, ehe sich die Tore für immer schließen. Lackiert in schlichtem Dakota-Beige und mit Blumengebinden verziert, rollt am 19. Januar 1978 der letzte Käfer aus europäischer Fertigung vom Band - direkt ins Wolfsburger VW-Museum.
In Mexiko wird das Ur-Modell mit dem luftgekühlten Boxer-Motor im Heck noch bis Juli 2003 produziert. Dann ist endgültig Schluss. Der Mythos Käfer aber lebt bis heute.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Susanne Rabsahl
Redaktion: Matti Hesse
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