In der Familie des Mannes, der die Kunst revolutioniert, spielt Kunst anfangs keine große Rolle. Dafür fehlt das Geld. Kasimir Sewerinowitsch Malewitsch wird am 23. Februar 1878 in Kiew geboren. Die Eltern sind Polen. Kasimir und seine fünf Geschwister wachsen mit Polnisch, Ukrainisch und Russisch auf. Kasimir, der schon als Teenager malt, macht auf Wunsch des Vaters eine Ausbildung in der Landwirtschaftsschule.
Ursprünglich wird Malewitsch durch den Impressionismus zur Malerei inspiriert. Seine frühen Werke sind farbenfroh, zeigen idyllische Szenen und heißen "Haus mit Terrasse, Kirche" oder "Frau mit Zeitung".
Moskau kann zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Zentrum neuer französischer Kunst fast mit Paris mithalten. Das liegt an der Sammel-Leidenschaft reicher Unternehmer im Land. Vor allem die Sammlung von Sergei Schtschukin zeigte Top-Werke von Cézanne bis Picasso.
Experimentiert mit mehreren Stilen gleichzeitig
Der junge Malewitsch gehört zu einer Gruppe junger Kunstbesessener, die sich davon inspirieren lassen. Mit 27 ist er das erste Mal verheiratet - und hat bereits genug Geld gespart, um an der Hochschule für Malerei, Bildhauerei und Architektur in Moskau zu studieren.
Sein ganzes Leben lang beschäftigt er sich mit der Frage: Was ist ein Bild? Ist es tatsächliches Abbild der sichtbaren Wirklichkeit? Oder kann ein Bild ein bisschen mehr sein? Auf der Suche nach einer Antwort experimentiert Malewitsch mit mehreren Stilen gleichzeitig.
Schwarzes Quadrat auf weißem Grund
Um 1915 erfindet er eine ganz neue Art zu malen. Dabei stellt der nichts Gegenständliches mehr dar. Sein Gemälde "Das Schwarze Quadrat auf weißem Grund" gilt als Ikone der modernen Kunst. Bei der ersten Ausstellung 1915 im heutigen Sankt Petersburg hängt er es im so genannten Herrgottswinkel auf, an der höchsten Stelle in einer Ecke des Raumes. Dort wo normalerweise in einem russischen Haus die Ikone hängt - ein Skandal.
Das Bild wird Rahmen der Präsentation "Bonjour Russland" im September 2007 auch in Düsseldorf ausgestellt.
Aber: Viele verstehen damals das Bild nicht, sehen darin das Ende der Malerei, das Ende der Kunst. Das schwarze Quadrat sehen sie als Wüste, in der nichts zu erkennen ist. Für Malewitsch hingegen ist es eine Befreiung. Die Kunst sollte keinem Zweck dienen.
Stürmische Geschichte
Malewitschs künstlerische Entwicklung ist mit der stürmischen Geschichte Russlands eng verbunden. Von der Oktoberrevolution 1917 bis zum brutalen Bürgerkrieg, der mit dem Sieg der Bolschewisten endete. Malewitsch wird ein angesehener Maler und Künstler, führt unterschiedliche Schulen an. Er wird sogar zum Vorsitzenden der Kunstabteilung des Moskauer Sowjets ernannt, aber schnell wird klar: Sein Suprematismus lässt sich nicht gut in den Dienst des Kommunismus stellen.
1927 reist Malewitsch mit 70 Bildern nach Deutschland, zur "Großen Berliner Kunstausstellung". Von dort sucht er den Kontakt zur innovativen Kunstschule Bauhaus in Dessau - jedoch vergebens. Die meisten weigern sich, ihn zu treffen.
In seinem Spätwerk wendet er sich dann wieder der figurativen Malerei zu. Kasimir Malewitsch wird nur 57 Jahre alt. 1935 stirbt er an Krebs und wird auf dem Gelände seiner Datscha bei Moskau beigesetzt.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Anke Rebbert
Redaktion: Matti Hesse
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 23. Februar 2023 an den Geburtstag des Künstlers Kasimir Malewitsch.
ZeitZeichen am 24.02.2023: Todestag der englischen Fußball-Legende Bobby Moore