Geboren wird John Locke in der englischen Grafschaft Somerset als Sohn eines Rechtsanwalts. Seine Ausbildung erhält er in Oxford. Medizinische Studien prägen ihn genauso wie seine philosophischen: Logik, Erkenntnistheorie, ein Abarbeiten an Descartes und der Scholastik.
Die Spannungen zwischen englischem König und Unterhaus, die Turbulenzen des Bürgerkriegs und schließlich die Ermordung Karls I. im Jahr 1649 prägen John Locke in seiner Jugend nachhaltig. Locke ist durch ein kleines väterliches Erbe ausreichend vermögend. Er kann sich seinen Studien und dem Schreiben widmen.
Einfluss auf US-Unabhängigkeitserklärung
1704 stirbt Locke. Viele Jahre später sind es seine Freiheitsrhetorik und seine Überzeugung, dass der souveräne Bürger sich notfalls mit dem Schwert gegen eine schlechte Regierung zur Wehr setzen darf, womit er bei den rebellischen Nordamerikanern auf Begeisterung stößt. Sie wollen die Bande zum englischen König kappen.
Thomas Jefferson, ein philosophisch und staatsrechtlich belesener Plantagenbesitzer aus Virginia und späterer US-Präsident, bringt die geschichtsträchtige Unabhängigkeitserklärung von 1776 zu Papier. Abgeschrieben, das ist heute mehrheitlich die Meinung der Forschung, hat Thomas Jefferson bei John Locke.
"Die natürliche Freiheit des Menschen bedeutet, dass er frei ist von jeder höheren Gewalt auf Erden und nicht dem Willen oder der gesetzgebenden Gewalt eines Menschen untersteht, sondern allein das Gesetz der Natur zu seinem Rechtsgrundsatz erhebt", heißt es bei Locke.
Eigentum und Freiheit
Leben, Freiheit, Glückseligkeit - zwar ist bei Locke nicht von Glück die Rede, sondern von Eigentum, "property". Thomas Jefferson ersetzt in der berühmten Trias der Unabhängigkeitserklärung "property" durch "pursuit of happiness". Was für ihn aber gar keinen Unterschied macht. Eigentum und Glück sind im Kern ein und dasselbe, das eine ohne das andere nicht denkbar, eine Auffassung, die in die nationale DNA der USA eingegangen ist. Ebenso wie die Idee, dass Freiheit und Eigentum einander bedingen. Formuliert hat sie John Locke.
Im 17. Jahrhundert ist ein solches Denken völlig neu - und epochal. Damals entsteht die frühkapitalistische Marktgesellschaft. Der Freiheitsapostel John Locke hat kein Problem damit, in den Sklavenhandel zu investieren und damit Geld zu verdienen. Als Besitzlose haben Sklaven nach seiner Vorstellung gar kein Anrecht auf Freiheit. Der moderne Wirtschaftsliberalismus hält auch kein Glücksversprechen bereit etwa für das lohnabhängige Industrieproletariat, das keineswegs frei über den Ertrag seiner Arbeit verfügt.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Almut Finck
Redaktion: Matti Hesse
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 29. August 2022 an John Locke. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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