Es ist der 3. August 1936. Auf der Aschenbahn des Berliner Olympiastadions warten die sechs schnellsten Männer der Welt auf das Finale im 100-Meter-Lauf. "Da trippeln sie wie Vollblutpferde", kommentiert der Reporter des deutschen Reichsfernsehens, "zwei Schwarze gegen vier Weiße. Europa gegen die USA. Der Kampf beginnt!" Und er endet nach 10,3 Sekunden mit dem Sieger Jesse Owens. Der schwarze Sprinter lässt die weiße Konkurrenz weit hinter sich und pulverisiert damit die Ideologie der Gastgeber von der arischen Überlegenheit.
Es ist nur die erste von vier Goldmedaillen, die Owens in Berlin sammelt. Auch nach dem 200-Meter-Lauf, der 100-Meter-Staffel sowie dem Weitsprung steht der in Alabama geborene Sportler ganz oben auf dem Treppchen. Damit ist er der erfolgreichste Teilnehmer dieser Olympischen Spiele. Amerikanische Zeitungen schreiben danach von Owens Sieg gegen Hitler.
Zweifel an Olympia-Teilnahme
Dabei steht seine Teilnahme lange auf der Kippe. Zum einen fordern viele Amerikaner den generellen Boykott aus Protest gegen Nazi-Deutschland. Doch Avery Brundage, Präsident des nationalen Olympiakomitees, lässt sich bei einem Vorabbesuch in Berlin von der Fassade einer heilen Welt blenden und überzeugt seine Kollegen vom Mitwirken.
Zum anderen will der mehrfache US-Meister und Weltrekordhalter Owens auch selbst zunächst nicht nach Deutschland. "Die Familie hat ihn überzeugt. Sie sagte, es sei eine Gelegenheit, der ganzen Welt zu zeigen, dass dieses Gerede von einer weißen Überlegenheit nicht zuträfe und er als Afroamerikaner gewinnen könne", so sein Enkel Stuart Rankin.
1936 sind 18 schwarze Athleten im US-Team, das ist in der Geschichte die bis dahin größte Anzahl. Sie werden zu einer verschworenen - und vor allem erfolgreichen - Gemeinschaft: Achtmal Gold, viermal Silber und zweimal Bronze holt die "Black Gang". Das ist ein Schlag gegen die krude Rassentheorie der Nationalsozialisten.
Späte Anerkennung
"Während ihre Erfolge für ein besseres Image des Landes benutzt werden, behandelt man sie daheim nicht wie Bürger der Vereinigten Staaten", erklärt Regisseurin Deborah Riley Draper, die einen Film über diese Athletinnen und Athleten gedreht hat. So will US-Präsident Franklin D. Roosevelt die afroamerikanischen Sportler nach ihrer Rückkehr nicht empfangen. "Er wollte sich Stimmen in den Südstaaten sichern. Dort hatte niemand Interesse daran, schwarze Athleten im Weißen Haus zu sehen", so Riley Draper. Rassentrennung und -diskriminierung sind Alltag in den USA der 1930er-Jahre.
Die verdiente Ehrung bekommen die 18 Athleten erst posthum: 2016 empfängt der amtierende US-Präsident Barack Obama die Kinder und Enkel der Teilnehmer von 1936 im Weißen Haus - 80 Jahre später.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Andrea Kath
Redaktion: Christoph Tiegel
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