Deutschland werde in diesem jungen Mann noch einen Meister finden, hatte Friedrich Schiller 1782 prophezeit. 14 Jahre später bereitet Berlin August Wilhelm Iffland einen überwältigenden Empfang. König Friedrich Wilhelm II. persönlich stellt dem inzwischen bekanntesten deutschen Schauspieler die Krönung seiner Karriere in Aussicht. Am 14. November 1796 nimmt Iffland die königliche Offerte an und wird mit 37 Jahren Direktor des Nationaltheaters am Gendarmenmarkt.
Seine Liebe zum Theater und sein immenses Talent hat der Spross einer angesehenen Hannoveraner Familie schon früh entdeckt. Ein Schulfreund, der Schriftsteller Karl Philipp Moritz, erinnert sich, bereits der zwölfjährige August Wilhelm habe "alle seine Mienen und Bewegungen in seiner Gewalt gehabt und konnte alle Arten von Lächerlichkeit in der vollkommensten Nachahmung darstellen.“
Ein Naturtalent stürmt das Theater
Vater Iffland aber drängt August Wilhelm zum Studium der Theologie. Der setzt sich daraufhin heimlich nach Gotha ab und gibt 1777 am herzoglichen Hoftheater an der Seite des gefeierten Conrad Ekhof sein Bühnendebüt. Der große Mime erkennt Ifflands Naturtalent und fördert ihn nach Kräften, stirbt aber bereits zwei Jahre später.
Mit einigen seiner Kollegen folgt Iffland einem Ruf nach Mannheim. Dort hat der Pfälzer Kurfürst Karl Theodor seinem Volk ein Nationaltheater zum Geschenk gemacht. Iffland reißt das Publikum mit seiner psychologisch-realistischen Darstellungskunst zu Begeisterungsstürmen hin. Goethe macht seinetwegen extra Halt in Mannheim und schreibt an Iffland: "Gehen Sie stracks fort auf Ihrer Bahn, Sie sind des Beifalls wert, den Sie überall erhalten müssen.“
Gastspiele auf den bedeutendsten Bühnen
Unter der Regie des progressiven Intendanten Freiherr von Dahlberg gibt Iffland 1782 den Franz Moor in der Uraufführung von Friedrich Schillers "Die Räuber". Das Drama ist ein triumphaler Erfolg und macht Iffland endgültig als den führenden Schauspieler seiner Zeit bekannt.
Inspiriert durch die Zusammenarbeit mit Schiller beginnt Iffland, selbst Bühnenstücke zu verfassen und zu bearbeiten. Bei seinen Gastspielen an allen bedeutenden Bühnen im deutschsprachigen Raum verfällt das Publikum seiner mimischen Ausdruckskraft. "Sein Spiel ist geistvoll und wahr", schwärmt Schiller. "Seine Darstellung ist ganz; keine Grimasse, keine Bewegung des unbedeutendsten Muskels straft die anderen Lügen.“
Radikales Reformprogramm
Goethe bietet Iffland sogar an, Direktor "seines" Theaters in Weimar zu werden. Doch nach 17 Jahren Mannheim entscheidet sich August Wilhelm Iffland für Berlin, wo der König keine Kosten scheut, die besten Künstler, Wissenschaftler und Literaten in seine Hauptstadt zu locken.
Als Prinzipal des Nationaltheaters reformiert Iffland die Bühne von Grund auf. Er modernisiert Szenerien und Kostüme der Stücke, inszeniert Shakespeare in neuer Übersetzung und bringt aktuelle Dramen wie Goethes "Iphigenie" und Schillers "Wallenstein" heraus. Gespielt wird jeden Tag; jede Vorstellung ist ausverkauft, und zum ersten Mal drucken die Zeitungen jeden Tag eine ausführliche Theaterkritik.
Vor allem aber liegen Iffland die Schauspieler und ihr Können am Herzen. Er richtet im Nationaltheater erstmals Proben- und Gesellschaftsräume für sie ein und verschafft seinem Ensemble mit guten Gagen soziale Sicherheit. Ausgelaugt von einem immensen Arbeitspensum stirbt August Wilhelm Iffland am 22. September 1814 mit nur 55 Jahren.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Jutta Duhm-Heitzmann
Redaktion: Ronald Feisel
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 14. November 2021 an August Wilhelm Iffland. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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