Dabei gilt Heinemann als überaus integer. Mit großem moralischem Bewusstsein und einem starken Glauben in die Kraft der Demokratie.
Freiheitskampf und Krupp AG
Geboren wird Heinemann 1899 im westfälischen Schwelm. Sein Urgroßvater hat an der Märzrevolution teilgenommen, sein Vater ist ein radikaldemokratischer, linksliberaler Prokurist in der Chefetage der Krupp AG in Essen. Heinemanns politische Einstellung hat hier ihre Wurzeln. Sein schon in der Jugend gefasster Plan, Anwalt zu werden, entspringt seinem früh geprägten Gerechtigkeitsempfinden.
1917 wird Heinemann nach dem kriegsbedingten Notabitur eingezogen, muss aber wegen einer Herzklappenentzündung nicht an die Front. Zwei Jahre später beginnt er in Münster ein Studium der Rechtswissenschaften, der Geschichte und der Volkswirtschaftslehre, an dessen Ende zwei Doktortitel stehen.
1926 heiratet er Hilda Ordemann, in den folgenden Jahren kommen ihre Töchter Uta und Christa zur Welt: erstere wird später als streitbare Theologin Uta Ranke-Heinemann bekannt.
Rücktritt aus Überzeugung
Zwischen 1933 und 1945 engagiert sich Heinemann unter anderem mit Flugblättern kirchenpolitisch und regimekritisch. Als Rechtsanwalt muss er Mitglied im Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund werden, ist aber zu keinem Zeitpunkt Mitglied der NSDAP. Nach 1945 gehört er zu den Mitbegründern der CDU, sitzt schließlich als Justizminister im neuen Landtag von NRW.
1949 holt Konrad Adenauer den Protestanten als Bundesinnenminister in sein Kabinett. Aber schon ein Jahr später tritt er zurück, weil er die Wiederbewaffnung Deutschlands nicht mittragen möchte. Er kehrt der CDU den Rücken, gründet die erfolglose Gesamtdeutsche Volkspartei – und geht 1957 zur SPD. Als Justizminister verbannt er Ehebruch und Homosexualität als Strafbestand aus dem Gesetzbuch.
"Ich liebe keine Staaten …"
1969 wird Heinemann Bundespräsident – erst im dritten Wahlgang und mit knapper Mehrheit, denn vielen ist er unbequem. Sätze wie "Ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau" kommen in der Politik nicht bei allen gut an. Fortan empfängt Heinemann nicht nur Prominenz, sondern auch einfache Bürger in seinem Amtssitz, die er zuvor persönlich telefonisch eingeladen hat.
Auf eine zweite Amtszeit verzichtet Heinemann aus gesundheitlichen Gründen. Er stirbt am 7. Juli 1976 in Essen.
Autor des Hörfunkbeitrags: Wolfgang Meyer
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 7. Juli 2021 an Gustav Heinemann. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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