Marcel Marceau kann zaubern: Er steht allein auf einer großen Bühne, braucht so gut wie keine Requisiten und schafft es, mit wenigen, sehr geschickten und kontrollierten Bewegungen seines schlanken Körpers eine ganze Welt sichtbar zu machen - ohne Worte, nur mit der Magie der Pantomime. Das Spektrum seiner Ausdrucksformen reicht von zarter Poesie bis zum ganz großen Drama.
Der Widerstandskämpfer
Geboren wird er am 22. März 1923 in Straßburg als Marcel Mangel. Seine jüdische Familie flieht im Zweiten Weltkriegs vor den Nazis nach Südfrankreich. Marcel geht in den Widerstand und fälscht Pässe. Für sich selbst stellt er einen auf den weniger deutsch und deshalb in der Résistance unverdächtig klingenden Namen Marcel Marceau aus.
1943 schmuggelt Marceau drei jüdische Kinder in die Schweiz. Immer wieder - so wird erzählt - nutzt er sein schauspielerisches Talent, um seine Nervosität bei Kontrollen der deutschen Besatzer zu überspielen. Marceaus Vater Karl Mangel wird 1944 verhaftet, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Viele der großen Gefühle, die er später auf die Bühne bringt, wurzeln in diesen Erfahrungen.
Der Clown Bip
Nach dem Krieg macht Marceau eine Schauspielausbildung und tritt 1947 zum ersten Mal als "Bip" auf - es wird die Rolle seines Lebens. Der Clown mit dem weiß geschminkten Gesicht, der weißen Schlaghose und dem Riesenhut mit knallroter Blume entfaltet auf der Bühne pantomimisch ganze Minidramen, die auf die Kunst der körperlichen Ausdruckskraft setzen. Mimodrama heißt diese Darstellungsform. Marceau gibt seine Kunst an andere weiter, gründet 1978 in Paris die Ècole Internationale de Mimodrame, die Internationale Schule des Mimodramas.
Die Inspiration
Marceau inspiriert zahlreiche Künstler. Er ist der Urvater der fließenden Bewegung, die kaum von der Stelle kommt und von Michael Jackson als "Moonwalk" in die Popkultur überführt wird. Aber auch das absurde Theater Samuel Becketts und die Tanzkunst von Rudolf Nurejew werden vom französischen Großmeister der Pantomime beeinflusst.
Am 22. September 2007 stirbt Marcel Marceau im Alter von 84 Jahren in Paris. Was neben seiner hohen Kunst der wortlosen Schauspielkunst bleibt, ist seine ehrliche Bescheidenheit: "Ich als Künstler kann nur versuchen, der Menschheit etwas mehr Licht zu geben. Das Wichtigste ist, dass das Licht über den Schatten geht."
Autor des Hörfunkbeitrags: Ralph Erdenberger
Redaktion: David Rother
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 22. März 2023 an Marcel Marceau. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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