In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts versinkt Frankreich im Chaos. Acht Religionskriege wüten zwischen 1562 und 1598 im Land. Christen kämpfen gegen Christen - genauer gesagt, Katholiken gegen Protestanten. Schlachten, Belagerungen und Massaker werden zwar immer wieder von kurzen Friedenszeiten unterbrochen. Doch ein dauerhaftes Zusammenleben der beiden Konfessionen scheint unerreichbar. Zehntausende sterben.
Heinrich IV. will den andauernden Hass und das ständige Blutvergießen nicht hinnehmen. Denn zwei Herzen schlagen in der Brust des französischen Königs. Katholisch getauft und protestantisch erzogen, konvertiert er mehrfach zwischen der römischen und der reformierten Kirche.
Doch nicht immer geschieht der Sinneswandel freiwillig. So bekennt er sich in der Bartholomäusnacht, in der in Paris und anderen Landesteilen Tausende von Protestanten ermordet werden, zum Katholizismus, um zu überleben. Trotzdem wird er - damals noch nicht König - fast vier Jahre im Louvre festgehalten. Nach seiner Flucht kehrt er zum Protestantismus zurück, nur um später wieder katholisch zu werden, damit er den Thron besteigen kann.
Gleichberechtigung beider Konfessionen
Als König entschließt sich Heinrich IV. dann zu einem mutigen Schritt: Am 13. April 1598 unterzeichnet er das Edikt von Nantes - ein historischer Meilenstein und ein gewagtes Experiment. Zum ersten Mal gewährt ein europäischer Monarch beiden Konfessionen gleiche Rechte und Freiheiten. Die Protestanten werden anerkannt und dürfen ihren Glauben ausüben. Allerdings müssen sie auf die Katholiken Rücksicht nehmen. So dürfen sie etwa Andachten nur privat abhalten und dabei nicht zu laut singen.
Das Edikt von Nantes ist kein einfacher Friedensvertrag. Es ist eine komplexe Vereinbarung, die sowohl den politischen als auch den religiösen Interessen beider Seiten gerecht werden soll. Die Hugenotten, wie die französischen Protestanten genannt werden, erhalten Zugang zu öffentlichen Ämtern und Bildungseinrichtungen, gleichzeitig wird ihre Sicherheit durch militärischen Schutz garantiert. Staatsreligion bleibt jedoch der Katholizismus, dem die Mehrheit der Franzosen angehört.
Das Toleranz-Experiment scheitert
Das Edikt ist revolutionär und deshalb umstritten. Das weiß Heinrich IV., weswegen er es als "immerwährend und unwiderruflich" bezeichnet. Kein späteres Edikt soll es je wieder aufheben können.
Es bleibt ein frommer Wunsch des Königs, denn in den folgenden Jahrzehnten verschärfen sich die Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten wieder. Im Jahr 1685 widerruft König Ludwig XIV. schließlich das Edikt von Nantes mit dem Edikt von Fontainebleau. Damit ist der protestantische Glauben in Frankreich faktisch wieder verboten und Heinrichs Experiment gescheitert.
Autor des Hörfunkbeitrags: Hans Conrad Zander
Redaktion: Matti Hesse
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