Mit seinem Orchester ist der Jazz-Musiker Duke Ellington Anfang der 1940er-Jahre permanent auf Tournee - in Europa, in Japan, von Küste zu Küste in den USA. Dementsprechend steht der Bandleader und Komponist auch kurz vor seinem ersten Konzert in der New Yorker Carnegie Hall unter Druck. Immerhin in einem der bedeutendsten Konzertsäle der Welt.
Ellington nutzt jede Minute, um bis zum 23. Januar 1943 ein eigens für dieses Konzert geplantes Werk zu vollenden: "Black, Brown and Beige". Eine 45 Minuten lange Komposition, die zu einem heftigen Streit darüber führt, ob Duke Ellington den Jazz damit verraten hat.
Vorher nur wenige afroamerikanische Künstler
Die Idee zu einem groß angelegten Werk beschäftigt Duke Ellington schon lange. Sein erstes Konzert in der Carnegie Hall scheint ihm die Gelegenheit, dort ein quasi sinfonisches Werk eines schwarzen Komponisten aufzuführen. Denn in diesem Hort der europäisch klassischen Musik sind vor ihm nur einige wenige afroamerikanische Künstler aufgetreten.
Bühne der Carnegie Hall
Im Programmheft zum Konzert in der Carnegie Hall findet das Publikum zu jedem Stück eine ausführliche Beschreibung. Dazu gehören zuallererst die großen Hits von Duke Ellington und seinem Orchester.
Im Mittelpunkt des Programms aber steht die bis dahin längste Komposition der Jazzgeschichte "Black, Brown and Beige". In diesem dreisätzigen Werk erzählt Duke Ellington die Geschichte der Afroamerikaner in den USA. Ellington kündigt das Werk in der Carnegie Hall als "Parallele zur Geschichte des Schwarzen in Amerika" an.
Ein Werk über die US-Geschichte
Duke Ellington (1899-1974)
"Black", der erste Teil, erzählt die Geschichte der Afroamerikaner von ihrer Versklavung bis zum Unabhängigkeitskrieg. Der zweite Teil "Brown" thematisiert, wie Schwarze sowohl im Unabhängigkeitskrieg als auch im Ersten Weltkrieg als Soldaten kämpfen. Und in Teil 3 geht es fast bis in die Gegenwart des Konzerttermins, also in diesem Fall in das Harlem der 1920er-Jahre mit seiner Rassentrennung.
Zum Auftakt des Konzerts in der Carnegie Hall spielt Duke Ellingtons Orchester den "Star-Spangled Banner", die Nationalhymne der USA. Denn die Einnahmen des ausverkauften Konzerts mitten im Zweiten Weltkrieg sollen als Kriegshilfe nach Russland gehen. Es ist ein großes gesellschaftliches Ereignis. Zu den Gästen gehören Eleanor Roosevelt, die Frau des amerikanischen Präsidenten, der Bandleader Glenn Miller und der Sänger und Schauspieler Frank Sinatra.
Intensiver Beifall
Das Publikum scheint begeistert, wenn man die Intensität des Beifalls als Maßstab nimmt. Unter den Kritikern sorgt das Konzert allerdings für heftige Kontroversen. "Formlos und bedeutungslos", heißt es in einer Kritik. Das sei nicht der wahre Ellington, in einer anderen. Aber Teile der Presse verteidigen das Werk auch. Nach außen hin scheint der Streit Ellington nichts anzuhaben. Aber in seiner ganzen Länge wird er "Black, Brown and Beige" nie mehr aufführen - nur Ausschnitte daraus.
Autor des Hörfunkbeitrags: Thomas Mau
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 23. Januar 2023 an das erste Konzert von Duke Ellington in der Carnegie Hall. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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