Der Brennerpass ist mit seinen 1.370 Metern Höhe zwar der niedrigste Alpenübergang - aber eine Eisenbahnstrecke wird lange Zeit für unmöglich gehalten. Zu steil, zu hoch, das Tal zu eng - dann lieber doch der Pferdewagen.
Wolfgang Meixner, Historiker an der Universität Innsbruck: "Die ersten Pläne zum Bau der Brennerbahn reichen ja schon in die 1830er Jahre zurück. Es gab damals einen rührigen Bürgermeister in Innsbruck, der war mit München, also Bayern in Kontakt und wollte eine Bahn gebaut haben."
Die erste Gebirgsbahn der Welt ist die 1854 eröffnete Semmeringbahn. Sie liefert den Beweis, dass die Eisenbahn mit Steigungen von bis zu 25 Promille auch ins Gebirge vordringen kann. Einige Jahre später werden zwei weitere wichtige Strecken in den Alpen gebaut. Der Historiker Meixner: "Damit war klar, irgendwann will man auch den Brenner bezwingen und hat dann die Planungen dafür aufgenommen."
Abstriche beim Bau
Der aus Württemberg stammende Ingenieur Carl von Etzel erhält den Auftrag zum Bau der Bahnstrecke. Während die Semmeringbahn mit ihren kunstvoll gestalteten Viadukten, Brücken und Tunneln als eine der schönsten Gebirgsbahnen der Welt gilt, muss von Etzel bei der Ästhetik der Brennerbahn ein paar Abstriche machen - etwa mit dem Verzicht auf viele große Kunstbauten. Dafür wird die Brennerbahn nur halb so teuer wie die Semmeringbahn.
Aufwendig ist das Vorhaben trotzdem. Zum ersten Mal in der Geschichte des Eisenbahnbaus werden sogenannte „Kehrtunnels“, also gekrümmte Tunnel konstruiert. Und da ein hohes Niveau überwunden werden muss, errichtet man einen Damm. Der Historiker Meixner: "Was natürlich auch wieder gefährlich ist, weil der durchs Wasser wieder unterspült werden kann."
Fertigstellung nach dreieinhalb Jahren
Fast alles bei dem Projekt ist noch Handarbeit. Mit Schaufeln, Schubkarren und Schwarzpulver schuften bis zu 20.000 Arbeiter auf der Großbaustelle. Noch vor der Vollendung der Bauarbeiten stirbt Carl von Etzel an einem Schlaganfall. Sein engster Mitarbeiter übernimmt die Leitung. Nach dreieinhalb Jahren und zwei Testfahrten ist es soweit: Am 24. August 1867 dampft die Brennerbahn von Innsbruck nach Bozen.
Die anfänglich eingleisig geführte Strecke wird 1908 zweigleisig ausgebaut. 1928 ist die Elektrifizierung abgeschlossen. Im Zweiten Weltkrieg ist die Bahnlinie häufig Ziel von Bombenangriffen, mit der Absicht, die wichtige Nord-Süd-Verbindung zu unterbrechen.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Martina Meißner
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 24. August 2022 an die Eröffnung der Brennerbahn. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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