Ob "Nannerl" jemals selbst Musikstücke zu Papier gebracht hat? Vermutlich. Denn Maria Anna Mozart hat großes Talent: "Ich habe mich recht verwundert, dass du so schön komponieren kannst", schreibt ihr Bruder anerkennend. Viele Werke werden es aber nicht gewesen sein: Komponieren ist im 17. Jahrhundert Männer-Sache - es reicht, wenn eine Frau Klavier spielen kann.
Nur die zweite Geige
Spielen kann Maria Anna, die am 30. Juli 1751 in Salzburg geboren wurde, so gut, dass ein Konzertbesucher später staunt: "Stellen Sie sich einmal ein Mädgen von 11 Jahren vor, dass die schwersten Sonate und Concerte der größten Meister [...] mit einer kaum glaublichen Leichtigkeit fertigt."
Unterrichtet hat sie ihr Vater, der Salzburger Hofmusiker Leopold Mozart, der ihre Begabung erkennt und fördert. Aber bei allem Stolz auf die Tochter: Ihr kleiner Bruder ist das Genie. Leopold konzentriert sich vollkommen auf Wolfgangs Karriere, lässt nur ihn Komposition, Instrumente und Tonsatz lernen.
Wunderkinder auf Tour
Immerhin gehen "Nannerl" und "Wolferl" gemeinsam auf Tournee nach Brüssel, London, Paris. Die Wunder-Geschwister treten sogar vor der Kaiserin Maria Theresia auf. 1769 ist damit Schluss: Maria Anna ist 18 Jahre alt und im heiratsfähigen Alter. Ehefrau, Mutter, ein Leben im Hintergrund: Das soll ihre neue Rolle sein.
Duldsame Tochter
Sie wehrt sich nicht dagegen: "Man glaubte, das sei die Natur der Dinge und die Frauen haben zu gehorchen", sagt Biografin Eva Rieger. Deswegen geht sie eine Vernunftehe mit einem verwitweten Beamten ein, versorgt in St. Gilgen die Kinder und beobachtet aus der Ferne, wie Wolfgangs Karriere an Fürstenhöfen und Opernhäusern voranschreitet.
Verwalterin des Nachruhms
Neidisch ist sie wohl nicht. Das Verhältnis der Geschwister ist und bleibt eng. "Allerliebstes Herzens Schwesterchen... mein Lungel, meine Leber..." nennt sie der Bruder in seinen Briefen, die er von unterwegs schreibt. Und als er stirbt, verwaltet sie seinen Nachruhm, wacht über die Verbreitung von Porträts, streitet mit Verlagen über Musikrechte. Besonders gefragt ist sie als lebende Quelle: Sie empfängt immer wieder Besucher, denen sie vom genialen Bruder erzählt.
Erblindet und verarmt
Von ihr selbst bleibt nur wenig erhalten, ein paar Übungsblätter und die langen Listen, in denen sie ihre Tournee-Eindrücke aufschreibt. Ihre Briefe an den Bruder werden vernichtet.
Maria Anna Mozart lebt nach dem Tod ihres Mannes vom Klavierunterricht, erblindet und lebt in Armut. Am 29. Oktober 1829 stirbt sie in Salzburg.
Autor des Hörfunkbeitrags: Holger Noltze
Redaktion: Hildegard Schulte
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 30. Juli 2021 an Maria Anna Mozart. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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