"Großer Katzenkopf", "Napoleons Butterbirne", "Pink Lady": Obstsorten haben oft sehr poetische Namen. Da klingt "Lucas Birne" oder "Dr. Lucas' Pfirsich" fast nüchtern.
Aber die Bezeichnungen sind eine Art Verbeugung vor dem Botaniker Eduard Lucas: Er beschreibt nicht nur viele Kernobstsorten zum ersten Mal, die damit seinen Namen bekommen. Er geht auch in der alten Obstbaukunde ganz neue Wege und verfasst "Lucas' Anleitung zum Obstbau" - heute noch ein Standardwerk mit mehr als 30 Auflagen.
Frühe Liebe zu Pflanzen
Geboren wird Karl Friedrich Eduard Lucas am 19. Juli 1816 als Sohn eines Erfurter Arztes, für den die Pflanzenkunde zum Berufsalltag gehört. Eduards Interesse ist früh geweckt, die Gärtnerlehre nahe liegend. Die Stationen, die folgen, sind es nicht: Lucas wechselt immer wieder die Stellen und die Städte, arbeitet in großen Gärtnereien und Botanischen Gärten, wo er sich um Palmen, Kakteen und Wein kümmert.
Kohlenstaub lässt Pflanzen wachsen
Er ist wissbegierig und fällt auf. Deswegen darf er auch an Exkursionen und Vorlesungen teilnehmen - ungewöhnlich für einen gelernten Gärtner. Gleichzeitig beginnt er zu experimentieren, stellt zum Beispiel fest, dass exotische Pflanzen besser wachsen, wenn die Erde mit Kohlenstaub vermischt wird. Mit 24 Jahren veröffentlicht er die Ergebnisse: der erste Schritt als Wissenschaftler.
Kaum Ahnung von Pomologie
Lucas bleibt ein Mann der Praxis, bringt Ordnung in das Wirrwarr der vielen Äpfel- und Birnensorten und züchtet neue. Als frischbestallter Institutsgärtner an der renommierten Hohenheimer Gartenbauschule soll er aber auch Pomologie unterrichten. "Soviel steht fest: Ich hatte in meiner Lehre von Obstkultur so gut wie nichts gelernt", klagt er. Er arbeitet sich ein - und beschließt, es besser zu machen.
Aus Reutlingen in alle Welt
1860 gründet er die Lehranstalt für Gartenbau, Obstkultur und Pomologie in Reutlingen, wo angehende Gärtner in Theorie und Praxis ausgebildet werden. Mehr als 3.000 Lehrlinge absolvieren die Schule und tragen Lucas' Erkenntnisse in alle Welt, bis nach Russland, Südamerika - und Norwegen: Es ist einem Lucas-Schüler zu verdanken, dass heute im hohen Norden Obst angebaut wird.
Nebenbei entwirft Lucas Messer, Dörrapparate und Apfelschälmaschinen, kümmert sich um Streuobstwiesen und Sortenvielfalt. Am 24. Juli 1882 stirbt der Doktor ehrenhalber in Reutlingen, hochgeachtet und geehrt.
Autor des Hörfunkbeitrags: Andrea Kath
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 19. Juli 2021 an Eduard Lucas. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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