Sie ist die Maria Callas ihrer Zeit: Im 18. Jahrhundert gilt Francesca Cuzzoni als Opern-Diva ersten Ranges - mit einem großen Stimmumfang und perfekter Intonation. Doch nicht jeder mag sie: "Untersetzt und gedrungen, mit einem teigigen Gesicht", sagt der Schriftsteller Horace Walpole. Sie sei "schlecht angezogen, albern und eingebildet".
Aber auch Walpole erkennt, dass Cuzzoni mit ihrer Garderobe eine Art Influencerin ist. Ihr silberbesticktes Seidenkleid findet er zwar "unziemlich und aufreizend", gibt allerdings zu, dass es "sofort zur Mode - ja, zur landesweiten Uniform von Jugend und Schönheit" geworden ist.
Gefeierte Primadonna
Francesca Cuzzonis Karriere beginnt in Oberitalien. Am 2. April 1696 wird sie in Parma getauft. Der Vater ist Geiger und nutzt seine Kontakte, um seine Tochter zur Sängerin ausbilden zu lassen. Mit 18 Jahren gibt sie ihr Debüt im Hoftheater in Parma. Sie wird schnell zur gefeierten Primadonna.
Der erste Versuch, die 24-Jährige nach London zu locken, scheitert an ihrer Gagenforderung. 1722 wird ihr schließlich genügend Geld für ein Engagement an der "Royal Academy of Music" geboten. Georg Friedrich Händel ist der Musikchef des Unternehmens, das sich mit Aktien und einer Einlage des Königs finanziert.
Vielfältige Sopranistin
Von Anfang an messen der Barock-Komponist und die Diva ihre Kräfte. Als sie eine Arie in der Oper "Ottone" nicht nach seinem Geschmack singen will, packt er sie und droht, sie aus dem Fenster zu werfen.
Händel weiß aber auch, zu welche Spitzleistungen die vielfältige Sopranistin fähig ist. Er schreibt ihr maßgeschneiderte Arien. Der Höhepunkt ist Kleopatras Klagearie in seiner Oper "Julius Cäsar in Ägypten".
Eklat auf der Bühne
Zu einem Eklat kommt es 1727 im Königlichen Theater, als sich Cuzzoni und ihre Konkurrentin Faustina Bordoni auf der Bühne als Huren beschimpfen und sich an den Haaren ziehen.
Einen späten Nachklang findet dieser - möglicherweise als PR-Gag inszenierte - Primadonnenstreit sogar im 20. Jahrhundert: im Eifersuchtsduett aus der "Dreigroschenoper".
Hohe Gagen und Schulden
Fast sechs Jahre lang feiert Cuzzoni in London Triumphe, dann geht die "Royal Academy" bankrott. Doch Cuzzoni setzt ihre Erfolge in Österreich, Deutschland und Italien fort.
Nach 1740 wendet sich allerdings das Blatt. Ihre Ehe zerbricht, ihre beiden Kinder sterben jung. Sie hat trotz exorbitanter Gagen Schulden. Ihre letzten 27 Jahre verbringt Francesca Cuzzoni verarmt in Bologna, wo sie am 19. Juni 1778 mit 82 Jahren stirbt.
Autor des Hörfunkbeitrags: Michael Struck-Schloen
Redaktion: Hildegard Schulte
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 2. April 2021 an die Sängerin Francesca Cuzzoni. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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