Gemeinsamer Westermann-Wallentin-Tipp

"Munk" von Jan Weiler

Stand: 25.10.2024, 14:02 Uhr

36,5 Milllionen Mal schlägt ein Herz pro Jahr. Aber was passiert, wenn es durch die Liebe aus dem Takt gerät, einen Knacks bekommt?

"Wenn wir nicht gut mit der Liebe umgehen, und unser Herz andauernd bricht, kann es schon sein, dass wir eines Tages auf einer Rolltreppe einfach umkippen", schreibt Jan Weiler. Genau das passiert der Hauptfigur in seinem neuen Roman. Mitten auf der Rolltreppe in einem Kaufhaus in Zürich bleibt einem Mann das Herz stehen. Was bei Peter Munk keineswegs Todesangst auslöst, sondern zunächst nur helle Empörung.

Ein Herzinfarkt mit 51, so hat er sich das nicht vorgestellt. Überhaupt hatte er sich vieles in seinem Leben anders gedacht als es dann tatsächlich gelaufen ist. Das Herz hat all die Irrungen und Wirrungen bislang klaglos mitgemacht, aber jetzt wird es ihm zu viel. Nach 1,86 Milliarden Schlägen hält es inne. Überlegt es sich dann noch mal, Munk wird gerettet, aber die Ärzte haben keine Ahnung, warum Munks Herz keine Lust mehr hatte, weiterzumachen. Er raucht nicht, treibt Sport, ernährt sich gesund, trinkt kaum Alkohol, ist keinem ungewöhnlichen Druck im Beruf ausgesetzt.

Im Gegenteil, Peter Munk ist ein erfolgreicher, vielfach ausgezeichneter Architekt und obendrein auch noch Single. Nicht mal der Stressfaktor einer Beziehung oder gar einer Ehe spielt eine Rolle. Oder vielleicht doch? Die Lieben im Leben eines Menschen, die großen, die hoffnungslosen, die gescheiterten, der Bestsellerautor Jan Weiler hat sie in seinem neuen Roman zu (s)einer Herzensangelegenheit gemacht. Der Schlüssel zu einem kranken Herzen, sagt der der Therapeut in jenem luxuriösen Resort im Schwarzwald, in das sich Munk zurückgezogen hat, "stecke in einer unsortierten Seele".

Also räumt er auf in seinem Herzen, erinnert sich an Namen, macht eine Liste mit den Frauen seines Lebens. Sie beginnt mit Nadja, es folgen Judith, Nicole, Ana, Maja und irgendwann verliert man beim Lesen komplett den Überblick, was einem aber herzlich egal sein kann. Weil die Geschichten fein erzählt sind, mit gutem Humor und angenehmer Nachdenklichkeit. Kein lahmes Beziehungsgeschwätz und immer genug Drama, um sich nicht eine Sekunde zu langweilen.

Ein Roman, der im besten Sinne unterhaltend ist, weil Jan Weiler fabelhaft mit Sprache umgehen kann Bevor jetzt die Begeisterung für dieses Buch mit uns durchgeht, kleine Einschränkung: Das Ende der Munkschen Liebesgeschichten ist überraschend. Überraschend flach. Es schrammt nur ganz knapp am Kitsch vorbei. Aber Hand auf’s Herz: das macht fast gar nichts.

Eine Rezension von Christine Westermann und Andreas Wallentin

Literaturangaben:
Jan Weiler: Munk
Heyne Verlag, 2024
384 Seiten, 24 Euro