Ludwig van Beethoven wird gemeinhin als "Titan der Musikgeschichte" apostrophiert. Unser Bild von ihm ist geprägt vom heldischen Komponisten der "Eroica", der in der fünften Sinfonie "dem Schicksal in den Rachen greift" und in der Neunten die Menschheit verbrüdert. Dabei vergisst man leicht: Beethoven hatte Humor! In seiner Musik gibt es auch eine unerwartet lustige Seite, die Selbstironie, den musikalischen Spaß. Es ist die Seite der achten Sinfonie.
Spuren von Haydns Humor
Eigentlich hatte der junge Beethoven ja Unterricht bei Mozart nehmen wollen. Doch der war kurz vor seinem Umzug von Bonn nach Wien 1792 verstorben, und so ging Beethoven eben bei Haydn in die Lehre. Und obwohl sich die beiden nicht durchgängig gut verstanden, finden sich in Beethovens Musik immer wieder Spuren des Altmeisters – speziell von Haydns musikalischem Humor. Zu beobachten ist das auch in der fast 20 Jahre später entstandenen achten Sinfonie. Von Anfang an geht Beethoven hier munter zur Sache. Ganz ohne Einleitung stürmt er mit einer gut gelaunten Geste voran und lässt sogar die Pauke die übermütigen Läufe der Violinen mitspielen. Doch schon nach wenigen Takten weiß die Musik nicht recht, wohin sie sich wenden soll, verbeißt sich hoffnungslos in ein punktiertes Motiv und gerät so völlig aus dem Takt. Erst das fließende Seitenthema bringt den Satz voran. Und so groß der Wirbel ist, den Beethoven im Mittelteil veranstaltet, so kokett lässt er den Satz enden.
Zwischen Ironie und Liebe
Lange Zeit ging man davon aus, die charmante Melodie des zweiten Satzes stamme von einem Kanon, den Beethoven für den befreundeten Ingenieur Johann Nepomuk Mälzel komponiert habe – als Dank für die Erfindung des Metronoms. Inzwischen weiß man: Der Kanon entstand später. Tatsächlich aber erinnert die Musik an ein regelmäßig tickendes Uhrwerk. Oder an einen klingelnden Wecker, mag man denken, wenn die Streicher plötzlich in hektische Läufe ausbrechen … Im folgenden Menuett sabotiert Beethoven den pompösen Gestus, indem die hohen Holzbläser gleich ihren ersten Einsatz zu verpassen scheinen.
Der Finalsatz beginnt im verheißungsvollen Flüsterton, nur um dem Hörer unvermittelt einen äußerst unanständigen Ton im Tutti-Fortissimo entgegenzuschleudern – "als ob jemand mitten im Gespräch die Zunge herausstreckt", empfand es der Komponist Louis Spohr. Auch im Verlauf des Satzes bleiben Kontraste das zentrale kompositorische Mittel. Schließlich scheint sich Beethoven gar selbst zu persiflieren: Mit einer betont plumpen Halbton-Rückung erreicht er eine Coda, die sich besonders viel Zeit nimmt, zum Ende des Satzes auf den Punkt zu kommen und den Schlussakkord zu erreichen. Der entspannte Grundton der Achten mutet umso merkwürdiger an, wenn man sich Beethovens damalige Lebensumstände vergegenwärtigt. Der Zustand sowohl seines Gehörs als auch seines Magens hatte sich so verschlechtert, dass er den ganzen Sommer 1812 in böhmischen Kurorten verbrachte. Andererseits schrieb er einen langen Liebesbrief an eine Frau, deren Identität bis heute nicht geklärt ist (die meisten Biografen tippen auf Antonie Brentano): "Schon im Bette drängen sich die Ideen zu Dir, meine unsterbliche Geliebte, erst freudig, dann wieder traurig, vom Schicksale abwartend, ob es uns erhört. Leben kann ich nur mit Dir oder gar nicht. Ja, ich habe beschlossen, so lange in der Ferne herumzuirren, bis ich in deine Arme fliegen kann." Die Fröhlichkeit der achten Sinfonie könnte also auch diesen Grund haben: Beethoven war verliebt!