Menschenkette gegen Montagstrommler in Hattingen am 19.02.2024

Hattinger bilden Menschenkette gegen "Montagstrommler"

Stand: 20.02.2024, 06:31 Uhr

Seit über zwei Jahren ziehen die sogenannten "Montagstrommler" durch Hattingen. Vielen Anwohnern reichte es jetzt - sie bildeten eine Menschenkette gegen die Demo.

Von Daniel Chur

An diesem Montagabend liegt in der Hattinger Innenstadt Spannung in der Luft: Über fünfzig Menschen haben sich am Bürgerzentrum "Holschentor" direkt neben der Stadtmauer und den Fachwerkhäusern der Altstadt versammelt. Einige tragen Mützen oder Schals in Regenbogen-Farben, andere dichte Regenmäntel, denn es will nicht aufhören zu schütten. Sie alle wissen: Gleich werden die "Montagstrommler" die Staße entlang kommen.

Ursprung in der Corona-Zeit

Die sind auch der Grund, warum sich die Menschen hier versammelt haben. Die sogenannten "Montagstrommler" sind eine Gruppe von Demonstranten, die seit über zwei Jahren trommelnd und mit Lautsprecherdurchsagen wöchentlich durch die Hattinger Innenstadt läuft. Ihren Ursprung fanden sie in der Corona-Zeit, als Gegner der Impf-Politik der Bundesregierung.

Dieses Thema hält sich bis heute in der Gruppe. Hinzu kamen weitere Themen: Als "Friedens-Demo" zieht die Gruppe seit Beginn des Ukraine-Kriegs los und äußert dabei massive Kritik an der Unterstützung der Ukraine durch die Bundesregierung. Auch die Grünen sind ein Feindbild. Zudem würden Regierung und Medien eine "ideologische Gehirnwäsche" betreiben.

Montagstrommler und Gegendemo in Hattinger Innenstadt am 29.01.2024

Aufgeheizte Stimmung Ende Januar: Montagstrommler treffen auf Gegendemonstranten

Eine Mischung aus klassischen Verschwörungstheoretikern, Querdenkern und zum Teil auch vom Staatsschutz beobachteten Rechtsextremen - so umschreiben Beobachter die Zusammensetzung der Gruppe, die mal nur mit zwanzig Menschen, dann aber auch in dreistelliger Personenzahl daher kommt. Längst nicht alle kommen aus Hattingen, die meisten aus dem Umkreis.

Aufgeheizte Stimmung bei Gegendemos

In den vergangenen Wochen hatte sich die Situation um die "Montagstrommler" zugespitzt: Es gab mehrere Gegendemos vom Bündnis "Hattingen für Vielfalt und Demokratie". Beide Seiten standen sich laut rufend, beziehungsweise trommelnd gegenüber.

Eine aufgeheizte Stimmung, in der auch der Hattinger Bürgermeister Dirk Glaser mitprotestierte - und eine Anzeige kassierte. Eine Frau auf Seiten der Montagstrommler fühlte sich persönlich beleidigt, nachdem Glaser auf einer Demo sagte, er wolle "keine Nazis in Hattingen", dies aber nach eigener Aussage allgemein und nicht auf die Frau bezogen meinte.

Gericht bestätigt Montagsdemonstrationen

Zuletzt waren die "Montagstrommler" zusätzlich zu den wöchentlichen Demos immer wieder in einem Autokorso durch die Stadt gefahren. Dabei gab es Lautsprecherdurchsagen, in denen "sofortige Neuwahlen ohne Wahlfälschung" gefordert wurden.

Vor wenigen Tagen scheiterte die Polizei des Ennepe-Ruhr-Kreises vor dem Verwaltungsgericht mit dem Antrag, zumindest die Lautstärke der Demos, also der Trommeln und Lautsprecherdurchsagen, zu verringern. Auch die Stadt Hattingen verweist immer wieder darauf, dass die Montagsdemos im Sinne der Demonstrationsfreiheit rechtens sind.

Erinnerung an dreißiger Jahre

Vielen Anwohnern reicht es aber. So wie Michael Olfermann: "Man kann ja gerne mal trommeln, aber nun weiß ich, dass in den dreißiger Jahren die SA auch getrommelt hat. Und das weckt diese fürchterlichen Assoziationen. Dazu kommen die Lautsprecherdurchsagen, dass ich in einer angeblichen 'Scheindemokratie' lebe. Und das finde ich zunehmend unerträglich."

Darum steht auch er in der Menschenkette. Kurz bevor die Montagstrommler vorbeikommen ruft ein Organisator den Teilnehmern zu: "Bleibt ruhig, schweigt, dreht ihnen den Rücken zu und lasst euch nicht provozieren." Wenige Minuten später passiert es genau so. Die Menschen schweigen, während eine Gruppe von etwa dreißig Trommlern, begleitet von der Polizei, die Straße entlang kommt. Das Trommeln wird eingestellt.

Schweigen bei Zusammentreffen

Ebenfalls ruhig bleiben die Montagsdemonstranten neben der Menschenkette stehen. Nur ein Teilnehmer der Gruppe lacht höhnisch. Dann zieht die Gruppe weiter. Das Trommeln und die Lautsprecherdurchsagen setzen wieder ein. Die Menschenkette löst sich auf.

Die Organisatoren vom Bündnis "Hattingen für Vielfalt und Demokratie" loben die Aktion. "So, wie es heute gelaufen ist, bin ich zufrieden", sagt eine Sprecherin. Wohl wissend, dass in einer Woche schon wieder der nächste Gegenprotest geplant werden muss.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • Polizei Ennepe-Ruhr-Kreis, Stadt Hattingen
  • Bündnis "Hattingen für Vielfalt und Demokratie"

Über dieses Thema berichten wir auch am 20.02.2024 in der WDR 2 Lokalzeit.