Am Flughafen Köln/Bonn hat sich die Lage wieder weitgehend normalisiert. Am Donnerstagmorgen waren noch drei Flüge mehrere Stunden verspätet. Das ist aber im üblichen Rahmen. Flugausfälle seien für den Morgen nicht absehbar, heißt es.
Damit beginnt nun die Aufarbeitung - und vor allem die Frage, wie das Gelände besser vor Aktivisten geschützt werden kann. Drei Stunden war der Flugbetrieb am Mittwoch eingestellt gewesen. Mehr als 30.000 Reisende waren von Flugausfällen und Verspätungen betroffen.
Fluggäste verärgert
Am Umbuchungsschalter von Eurowings ist eine 120 Meter lange Warteschlange.
Im Passagierbereich war zunächst Chaos ausgebrochen. Vor vielen Schaltern bildeten sich am Vormittag lange Schlangen. Eine Frau, die zum Warten verdammt war, sagte: "Wir haben vielleicht 150 Personen vor uns, die alle bedient werden wollen von Eurowings. Wir wissen nicht, was wir machen sollen." Viele ärgert so eine Blockade, gerade in der Urlaubszeit. Auch viele Familien waren am Mittwochmorgen am Flughafen, teilweise mussten sie mit kleinen Kindern wieder aus den Maschinen aussteigen.
Für viele war unklar, wie sie denn überhaupt wieder vom Flughafen wegkommen. "Wir sind gerade erst angekommen und haben das unterwegs schon im Radio gehört. Uns amüsiert das überhaupt nicht. Wir würden gerne heute auf eine Hochzeit fliegen und jetzt stehen wir hier", sagt eine andere Reisende einem WDR-Reporter.
Viele Flüge wurden annulliert.
Blockierer klettern durch Zaun aufs Rollfeld
Fünf Mitglieder der "Letzten Generation" hatten sich am frühen Mittwochmorgen auf die Fahrbahn geklebt und den Flugverkehr blockiert. Sie waren durch einen Zaun auf das Gelände des Flughafens Köln-Bonn geklettert. Von dort sollen sie mit Fahrrädern aufs Rollfeld gekommen sein. Die Polizei hat die Besetzer am Vormittag festgenommen.
Gegen 5 Uhr gelangten die Besetzer auf das Flughafengelände und klebten sich dort am Rand einer Start- und Landebahn und einer Zufahrt fest. Die Bundespolizei setzte einen Hubschrauber ein, um mögliche weitere Blockierer zu finden.
Letzte Generation blockiert Flughafen Köln/Bonn
Lokalzeit aus Köln. 24.07.2024. 05:06 Min.. Verfügbar bis 24.07.2026. WDR. Von Jochen Hilgers.
Die Polizei musste die festgeklebten Flughafen-Besetzer mit einem speziellen Mittel vom Asphalt lösen.
"Letzte Generation" bekennt sich zur Aktion
Polizisten führen Blockierer ab.
Auf einem Banner der Besetzer stand "Öl tötet". Über das Netzwerk X hat die Gruppe "Letzte Generation" ein Foto von einem Mitglied auf dem Rollweg veröffentlicht und mitgeteilt, dass die Aktion Teil einer internationalen Protestkampagne sei. Sie fordern den Ausstieg aus fossilen Energieträgern wie Öl, Gas und Kohle bis 2030.
Der Protest solle gleichzeitig an Flughäfen in weltweit mehr als zehn Ländern stattfinden, hieß es. Im Januar hatte die "Letzte Generation" zwar angekündigt, künftig auf Klebeaktionen zu verzichten. Dies bezog sich aber auf Blockaden im Straßenverkehr.
Aktivistin erläutert Strategie
Im WDR-Interview erläuterte Lina Johnsen, Pressesprecherin der "Letzten Generation", den Strategiewechsel: "Wir haben ganz klar kommuniziert, dass wir absehen werden von den Straßen-Klebe-Aktionen, um anschlussfähiger zu werden." Stattdessen seien "ungehorsame Versammlungen" geplant, um viele Menschen auf die Straße zu bekommen.
"Im selben Zug haben wir aber auch angekündigt, dass wir trotzdem weiterhin und vermehrt auch Proteste an Orten der Ungerechtigkeit machen werden. Und da haben wir nicht vom Kleben abgesehen, genauso war es angekündigt."
Kritik von Politik und Verband
Die Polizei sagt, dass sie Strafanzeige gegen die Flughafen-Blockierer wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, gefährlichem Eingriff in den Luftverkehr und Hausfriedensbruch aufgenommen habe. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte der Rheinischen Post am Mittwoch: "Das ärgert nicht nur, sondern erweist dem Klimaschutz einen Bärendienst."
Unabhängig von den Strafermittlugen der Polizei prüfen nach WDR-Informationen nun mehrere Fluggesellschaften, ob sie Schadenersatz in Millionenhöhe gegen die Aktivisten einfordern können.
Auch der Flughafenverband ADV kritisiert die Aktion als "kriminell." Geschäftsführer Ralph Beisel sagte: "Jede dieser Aktionen verursacht Flugannullierungen und Verspätungen - und das während der Sommerferien." Er hoffe, dass der Kabinettsbeschluss der vergangenen Woche schnell umgesetzt wird.
Verschärftes Gesetz muss noch durch den Bundestag
Vor einer Woche hat die Bundesregierung genau wegen solcher Fälle beschlossen, das Luftsicherheitsgesetz zu verschärfen. Das neue Gesetz muss noch durch den Bundestag. Wer dann in Zukunft einen Zaun durchschneidet und eine Startbahn blockiert, soll eine Gefängnis- oder Geldstrafe bekommen können.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte der Funke-Mediengruppe, dass Menschen, die Rollfelder und und Maschinen blockieren, Menschenleben gefährden. "Mit der Einführung von Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren Haft für das Eindringen auf Flughäfen geben wir den Richtern ein Instrumentarium an die Hand, um angemessen zu urteilen", sagte Wissing. Allein schon der Versuch soll strafbar sein. Bisher gab es Geldbußen.
Ist mein Flug pünktlich? Gibt es Verspätungen oder Ausfälle? Immer aktuelle Informationen finden Sie im Flughafen-Radar NRW in der WDR-aktuell-App oder im Videotext des WDR.
Unsere Quellen:
- Flughafen Köln-Bonn
- Kölner Polizei
- dpa
- Reuters
- Reporter vor Ort
- Funke-Mediengruppe
- Rheinische Post
- Sprecherin 'Letzte Generation'