Das Video ist mehr als skurril und geht derzeit viral: Ein fast nackter, kleiner Fuchswelpe nuckelt an einer Milchflasche. Er wird gefüttert von einem Menschen im monströsen Fuchskostüm.
Ort des Geschehens: Eine Auffangstation für Wilddtiere im US-Staat Virginia. Ein Spaziergänger hatte den neugeborenen Fuchs zuvor am Wegesrand gefunden und in die Station gebracht, wo er jetzt alle zwei Stunden gefüttert wird. Die Mitarbeiter würden "ihr bestes tun, wie eine Fuchsmutter zu agieren", schreibt das Richmond Wildlife Center dazu. Unter der Pelzmaske steckt die Direktorin des Wildtiercenters. Durch die Verkleidung soll das Fuchsbaby möglichst wenig menschliche Geräusche mitbekommen, um sich nicht zu sehr an Menschen zu gewöhnen. Die Tierschützer hoffen, das Tier so später besser auswildern zu können, sagen sie.
"Füchse werden von selber wild"
Sandra Swart von der Wildtierhilfe NRW schüttelt den Kopf: "Füchse werden von selber wild", sagt sie. Und ganz junge Fuchswelpen bräuchten anfangs lebensnotwendig Wärme und Körperkontakt - "genau wie junge Hunde". Mit etwa zwei Monaten entwickele der Fuchs selber Wildinstinkte. "Dann muss er unbedingt in eine Station mit anderen Füchsen, um jagen zu lernen." Später ließen sich solche Füchse dann ohne Weiteres auswildern.
Swart leitet seit vielen Jahren eine Wildtier-Auffangstation in Moers. Gerade päppelt sie dort zehn Schwäne, acht Enten, 25 Dohlen, einen Feldhasen und ein Wildkaninchen auf. "Und die Saison beginnt gerade erst", sagt sie. Unterstützt wird Swart vom örtlichen Naturschutzbund NABU, auch Feuerwehr und Polizei in Moers bringen ihr häufig verletzte Wildtiere oder holen sich ihren Rat.
Was tun, wenn man ein verlassenes Tierbaby findet?
Mit dem Frühling kommt auch bei uns die Zeit, in der einem beim Spaziergang durchaus ein verlassenes junges Wildtier begegnen kann: Ein aus dem Nest gefallenes Vögelchen, ein neugeborenes Eichhörnchen, ein kleiner Feldhase - oder auch ein Fuchsbaby. Was macht man dann?
"Erstmal beobachten, ob das Tier wirklich in Not ist", sagt Sandra Swart. Gerade füttert sie einen jungen Feldhasen, der ihr am Tag zuvor gebracht wurde. Feldhasenjunge werden derzeit oft gefunden - vermeintlich verlassen. "Dabei setzen Feldhasenmütter ihre Jungen in Mulden auf den Feldern ab und kommen nur einmal am Tag zum Säugen zurück", sagt Swart. Die Milch der Häsin sei derart reichhaltig, dass die einmalige Fütterung ausreiche.
Oft würden die Jungen aber von nicht angeleinten Hunden gepackt, deren Besitzer sie dann verletzt zur Auffangstation bringen. Das Häschen bei Sandra Swart wurde im Hof eines Getränkemarkts gefunden. Die Tierschützerin wird es jetzt aufziehen - das bedeutet: Anfangs alle drei Stunden ein Fläschchen mit Katzenaufzuchtmilch und Fencheltee, danach muss jedes Mal der Bauch massiert werden, damit die Verdauung funktioniert. "Das ist bei Kaninchen und Eichhörnchen genauso." Allein beim Futter für die Aufzucht eines verlassenen Feldhasen komme man locker auf 200 Euro, so Swart.
Eichhörnchen aufziehen: "Der Aufwand ist riesig"
Auch junge Eichhörnchen landen in diesen Tagen häufig in Wildtier-Auffangstationen. Durch die relativ milden Temperaturen kommt der Nachwuchs in diesem Jahr früher als in vergangenen Jahren. Wenn Gartenbesitzer jetzt ihre Büsche und Bäume schneiden, könne dem schonmal ein Eichhörnchennest zum Opfer fallen, sagt Sandra Swart. Und auch junge Eichhörnchen müssen alle drei Stunden gefüttert werden: "Der Aufwand ist riesig."
Daher raten auch Naturschutzverbände wie der NABU, sofort eine Wildtier-Auffangstation zu kontaktieren. Allein in NRW gibt es davon zahlreiche. Viele werden von Privatleuten betrieben - die teils jahrelange Erfahrung gesammelt haben und die notwendigen Unterkünfte für die Tiere bereithalten.
Hilflose Vögel
Auch bei hilflos wirkenden Vögeln solle man erstmal herausfinden, ob das Tier wirklich Hilfe braucht, sagt das Landesumweltamt: "Beobachten Sie den Jungvogel zunächst aus ausreichendem Abstand etwa eine Stunde lang genau, ob nicht doch noch ein Altvogel kommt und füttert." Oft säßen fast flügge Jungvögel auf dem Boden oder im Gebüsch, um dort noch weiter von den Eltern versorgt zu werden. "Diese wagen sich vielleicht nur deswegen gerade nicht an ihren Nachwuchs heran, weil sich Menschen in der Nähe aufhalten."
Handelt es sich allerdings um Nachwuchs von Mauerseglern oder Schwalben, müsse man nicht lange warten: Hier kümmern sich Mama und Papa in der Regel nicht mehr um die Jungen, wenn sie aus dem Nest gefallen sind.
Wenn klar ist, dass das Vogeljunge nicht mehr versorgt wird, soll man es vorsichtig aufheben und am besten in einen Pappkarton - mit Luftlöchern! - legen. Den Boden sollte man mit saugfähigem Papier auslegen, das man regelmäßig austauscht. Der Karton sollte dann an einem ruhigen, geschützten Ort stehen. "Nackte Jungvögel brauchen unbedingt Wärme", sagt das LANUV - daher einfach eine Wärmflasche mit in den Karton legen.
Wie es dann weiter geht, welches Futter der kleine Vogel braucht und wie man ihn später auswildert, schreibt das Landesumaltwamt auf seiner Homepage - nicht ohne den Hinweis auch hier, dass die Aufzucht eines Vogeljungen sehr viel Aufwand bedeute:
Auch der Naturschutzbund Deutschland hat viele Tipps zum Umgang mit verletzten Vögeln und Säugetieren. Auf einer Karte sind Auffangstationen in ganz Deutschland angezeigt.
Katzenjunge im Wald?
Wanderfreunden legt der Naturschutzverband BUND jetzt im Frühjahr noch eine spezielle Bitte ans Herz: Besonders in der Eifel kann es sein, dass einem im Wald zuckersüße Katzenbabys begegnen. Die einst fast ausgestorbene Wildkatze nämlich ist zurück - und bringt ihre Jungen gerne in Holzstößen oder im dichten Gestrüpp unter. Häufig würden die grau-getigerten Wildkätzchen für Nachwuchs verwilderter Hauskatzen gehalten.
Immer wieder sammelten besorgte Tierfreunde im Frühjahr junge Wildkätzchen auf, brächten sie zu Tierärzten, Schutzstationen oder nähmen sie einfach mit nach Hause, schreibt der BUND. "Davon raten wir dringend ab." Das Muttertier sei in der Regel nicht weit weg, gerade kurz auf Mäusejagd oder verstecke sich in unmittelbarer Nähe. Zudem sei das Immunsystem der Wildkatze nicht gegen Infektionen mit Hauskatzenkrankheiten gewappnet.
Quellen:
- NABU
- BUND
- Landesumweltamt NRW (LANUV)
- AP News
- Wildtierhilfe NRW, Interview mit Sandra Swart