135 Menschen haben bei der Flutkatastrophe im Sommer 2021 an der Ahr in Rheinland-Pfalz ihr Leben verloren. Seit fast drei Jahren war die Staatsanwaltschaft Koblenz in Rheinland-Pfalz der Frage nachgegangen, ob jemand die Schuld dafür trägt. Im Fokus der Ermittlungen: der damalige Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler.
Konkret ging es bei dem Ermittlungsverfahren um den Vorwurf der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen und um die Frage, ob die Einsatzleitung in der Flutnacht 2021 zu wenig getan hat, um Menschenleben zu retten. Jetzt wurde bekanntgegeben, dass das Verfahren nach monatelangen Ermittlungen eingestellt wird.
Hätten Todesfälle vermieden werden können?
Das Verhalten von Pföhler sei bemüht, aber nicht ausreichend gewesen, sagte der leitende Oberstaatsanwalt Mario Mannweiler bei einer Pressekonferenz. Das sei pflichtwidrig gewesen. Es spreche viel dafür, dass bei den Warnungen mehr hätte gemacht werden können und müssen.
Das große Aber: Dass mit besseren Warnungen der Tod von Menschen hätte vermieden werden können, lasse sich nicht sicher nachweisen. Warnungen ließen Menschen Handlungsspielräume. Bei der Ahr-Flut 2021 hätten sich auch Menschen Warnungen widersetzt, Einsatzkräfte hätten mit renitentem Verhalten zu tun gehabt.
"Beachtliche Mängel" beim Katastrophenschutz
Der Katastrophenschutz im Landkreis Ahrweiler sei zwar unzureichend organisiert gewesen, und das Führungssystem des Katastrophenschutzes habe eine ganze Reihe von Mängeln aufgewiesen. "Die Verantwortung dafür trägt in erster Linie der politisch und administrativ gesamtverantwortliche ehemalige Landrat." Diese "durchaus beachtlichen Mängel", die ein Gutachter festgestellt hat, begründeten aus Sicht der Staatsanwaltschaft aber keine Strafbarkeit.
Ausmaß der Flut nicht vorhersehbar
Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Schluss, dass es sich um eine außergewöhnliche Naturkatastrophe gehandelt habe, deren extremes Ausmaß für die Verantwortlichen des Landkreises Ahrweiler nicht konkret vorhersehbar gewesen sei.
"Ein vergleichbares Hochwasser hat es in menschenerdenklicher Zeit an der Ahr noch nicht gegeben", sagte Mannweiler. Die Flut sei für Anwohner, Betroffene und Einsatzkräfte sowie Einsatzverantwortliche unvorstellbar gewesen.
Stand des Wiederaufbaus in NRW
In NRW haben 49 Menschen ihr Leben verloren. Die Schäden im Land wurden vom Bund auf 12,3 Milliarden Euro geschätzt. Genau so viel Geld steht hier auch für den Wiederaufbau bereit. Bislang wurden 3,8 Milliarden Euro aus dem NRW-Aufbaufonds bewilligt, berichtete Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) im Januar im WDR. Unter anderem wird das Geld für die Wiederherstellung der Infrastruktur in den Kommunen verwendet, aber auch Bürgerinnen und Bürger können die Finanzhilfen beantragen.
Eines von vielen Wiederaufbauprojekten: Die Steinbachtalsperre bei Euskirchen. Diese wurde durch die Wassermassen bei der Flutkatastrophe schwer beschädigt, mehrere Ortschaften unterhalb der Talsperre mussten vorsorglich evakuiert werden. Nun soll sie wieder mit Wasser gefüllt werden.
Korrekturhinweis: In einer früheren Version dieses Artikels wurde ein Foto verwendet, das nicht Jürgen Pföhler gezeigt hat. Diesen Fehler haben wir korrigiert.
Unsere Quellen:
- Staatsanwaltschaft Koblenz
- SWR
- Nachrichtenagentur DPA
- Bericht zur Hochwasserkatastrophe 2021
- Interview mit Ina Scharrenbach im WDR vom 03.01.2024