Nach der Ablehnung des Sanierungsplans droht das Ende der Autoproduktion in Bochum bereits Ende 2014 und nicht erst Ende 2016. WDR-Reporter Jörg Steinkamp war am Freitagmorgen (23.03.2013) am Opel-Werk und hat die Stimmung eingefangen.
WDR 2: Jetzt haben alle Opelaner eine Nacht über diese Entscheidung geschlafen. Wie ist heute morgen die Stimmung bei Opel Bochum? Katerstimmung?
Jörg Steinkamp: Nun, man wundert sich. Nur das Wetter ist eisig, die Stimmung bei den Opelanern ist wirklich mehr als aufgehellt. Sie sind einhellig der Meinung: Das ist gut so, wir haben es richtig gemacht. "Wir zeigen's dem Amerikaner", hört man immer wieder. Denn sie hätten sich entscheiden müssen zwischen Pest und Cholera. Einerseits hätten sie einem Sanierungsvertrag zustimmen müssen, der über das Ende dieser Jobs in Bochum entschieden hätte. Oder – und das war die Entscheidung, die sie gefällt haben – sie haben gesagt: Wir kämpfen weiter. Man fühlt sich hier wie ein Gewinner.
WDR 2: Heißt denn das deutliche Nein in Richtung der Opel-Chefs, dass die Fahrzeugproduktion hier wirklich früher eingestellt wird? Diese Drohung stand ja im Raum …
Steinkamp: Und sie steht weiterhin im Raum. Dazu sind Opel und GM vertraglich verpflichtet. Es gibt ja einen Standortsicherungsvertrag. Das bedeutet, dass es bis Ende 2014 keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird, und hier Autos gebaut werden. Alles darüber hinaus war "Goodwill", wie es GM immer bezeichnet hat. Aber es gibt im Ruhrgebiet eine schönen Spruch: Der Apfel ist noch lange nicht geschält. Wir sind mitten in einem Pokerspiel um die Zukunft dieses Werkes. Es kann durchaus sein, dass die Verhandlungen weitergehen.
WDR 2: Der Bochumer Werksleiter wird mit den Worten zitiert, dass er sehr bedauert, dass die Beschäftigten ein "attraktives Angebot" nicht angenommen haben. Wie festgefahren sind die Fronten? Wird es weitere Verhandlungen geben?
Steinkamp: Es ist durchaus so, dass die Opelaner mit einem gewissen Trotz entschieden haben. Ich kann mir gut vorstellen, dass die andere Seite des Verhandlungstisches mit genauso viel Trotz reagiert. Etwa: Hey, wir haben hier monatelang diskutiert, und wir hatten ein Ergebnis. Und das war eigentlich attraktiv. Hier sind persönliche Befindlichkeiten verletzt. Aber wenn der Rauch sich gelegt hat, kann es sein, dass weiter verhandelt wird.
WDR 2: Haben die Opelaner vielleicht mit ihrem Nein zu hoch gepokert?
Steinkamp: Das ist durchaus ein hoher Einsatz, der hier auf den Tisch gelegt wird. Alle anderen deutschen Standorte spielen ja mit in diesem Spiel. Nur haben sie nicht so harte Einschnitte zu verkraften. Es war also ein hoher Einsatz: Wenn dieses Spiel gewonnen wird, dann war das ein ordentliches Pokerspiel.
Das Interview führte Stefan Vogt