John Wanamaker gilt als Vater der modernen Werbung. Für sein Kaufhaus in Philadelphia lässt der gläubige Musikfreund eine gigantische Orgel bauen - und verwandelt die kommerziellen Hallen so buchstäblich in einen Tempel des Konsums.
John Wanamaker ist ein Vollblut-Geschäftsmann. Aber er ist auch ein großer Musikfreund – und religiös dazu. 1911 lässt er im siebenstöckigen Innenhof seines Kaufhauses in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania die größte bespielbare Orgel der Welt aufstellen - und verwandelt das Haus so buchstäblich in eine Kathedrale des Konsums. Bis heute wird sie an jedem Werktag genutzt.
Auch geschäftlich zieht Wanamaker alle Register. So ist er der erste, der konkret für seine Produkte und Geschäfte in Zeitungen inseriert. So wird der religiöse Musikfreund auch zum Vater der modernen Werbung.
Erfinder der Geld-zurück-Garantie
Geboren wird Wanamaker am 11. Juli 1838 in Philadelphia. Sein Vater ist Maurer, er selbst verdient sich schon früh als Laufbursche sein Geld – und wird von seinem Auftraggeber schnell als organisatorisches Naturtalent erkannt. 1861 gründet Wanamaker sein erstes Bekleidungsgeschäft in seinem Heimatort – und macht es in nur acht Jahren zum größten seiner Art in den USA. 1877 verwandelt er ein ehemaliges Eisenbahndepot in das erste Kaufhaus, das in eigene Verkaufsabteilungen gegliedert ist. Seinen Kunden bietet er zudem erstmals nicht verhandelbare Festpreise an – und eine Geld-zurück-Garantie bei Unzufriedenheit.
Dabei will Wanamaker den Erfolg seines Geschäfts nicht der Mund-zu-Mund-Propaganda überlassen. Erstmals in der Geschichte publiziert er ganzseitige Anzeigen in Zeitungen und engagiert mit John Powers einen eigenen Werbetexter. Dank solcher Maßnahmen kann er bis nach London und Paris expandieren. Seinen eigenen Einsatz sieht er nicht ohne Augenzwinkern. "Die Hälfte des Geldes, das ich für Werbung ausgebe, ist verschwendet", lautet sein berühmtestes Bonmot. "Leider weiß ich nicht, um welche Hälfte es sich dabei handelt.
"Ehrlichkeit in Wort und Schrift"
So sehr Wanamaker der heutigen Werbeindustrie den Weg ebnet: Mit ihren Marketingstrategien wäre er wohl kaum einverstanden gewesen. Von Übertreibungen und unmoralischen Angeboten will der fromme Geschäftsmann nichts wissen. "Ehrlichkeit in Wort und Schrift" lautet sein Motto. Überhaupt investiert Wanamaker viel Geld in Kirchen und soziale Einrichtungen. Seinen Angestellten bietet er eine Renten- und Krankenversicherung an.
Nicht immer aber bleibt er dabei gänzlich auf dem Boden der Redlichkeit. 1889 nutzt er seine Freundschaft zum republikanischen US-Präsidenten Benjamin Harrison aus, um Postminister zu werden. Sein Ministerium verknüpft er mit den Interessen seines Kaufhausreichs. In den vier Jahren seiner Amtszeit werden zudem rund 30.000 Postangestellte entlassen und durch parteitreue Nachfolger ersetzt.
John Wanamaker stirbt 1922 in seiner Geburtsstadt Philadelphia. Da beläuft sich sein Vermögen auf damals beachtliche 100 Millionen Dollar.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 11. Juli 2013 ebenfalls an John Wanamaker. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.