Ende August 1939: Kurz vor dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen - dem offiziellen Beginn des Zweiten Weltkriegs - sticht die "Admiral Graf Spee" von Wilhelmshaven aus in See. Der sogenannte Taschenpanzerkreuzer ist klein, aber feuerstark. Er gilt als Paradebeispiel deutscher Ingenieurskunst, es ist das erste Schiff der Kriegsmarine mit einem Radargerät. Kapitän Hans Langsdorff bekommt den Befehl, im Südatlantik auf "Kaperfahrt" zu gehen. Er soll feindliche Handelsschiffe aufspüren und versenken. Die "Admiral Graf Spee" versenkt auf ihrer Fahrt neun britische Schiffe - kleine Frachter, die unter anderem Paraffinöl, Mais, Zinkerz und Gefrierfleisch geladen haben. Langsdorff, im Ersten Weltkrieg Kommandant auf Minensuchbooten, hält sich dabei an die international geltende Prisenordnung: Er lässt jeweils die Besatzung von Bord gehen, bevor er die Schiffe versenkt.
Bald wird der Jäger zum Gejagten. 22 britische Kriegsschiffe suchen die "Graf Spee", die wie ein Geisterschiff zwischen Afrika und Südamerika ihren Opfern auflauert. Langsdorff trickst: Vorne am Schiff lässt er eine Bugwelle anpinseln, um höhere Geschwindigkeit vorzutäuschen. Ein zweiter Schornstein aus Holz soll die Identifizierung erschweren. Vor der Rückfahrt nach Deutschland will Langsdorff noch einen gemeldeten Konvoi aus Handelsschiffen versenken. Doch stattdessen trifft die "Graf Spee" am 13. Dezember 1939 vor Uruguay auf drei englische Kriegsschiffe. Langsdorff greift sofort an, sein Vorteil liegt in der besseren Bewaffnung. 60 britische und 30 deutsche Marinesoldaten werden getötet. Es ist die erste Seeschlacht des Zweiten Weltkriegs.
Besatzung gelangt nach Argentinien
Während des Gefechts geht Langsdorff durch den Luftdruck einer vorbeifliegenden Granate zu Boden und wird ohnmächtig. Als er das Bewusstsein wiedererlangt, lässt er das Gefecht abbrechen und läuft mit der beschädigten "Admiral Graf Spee" in den neutralen Hafen von Montevideo ein. Das Schiff wäre auf offener See allenfalls noch 24 Stunden manövrierfähig gewesen. Langsdorff veranschlagt für Reparaturen mindestens zwei Wochen. Trotz aller Kampfschäden erwartet Adolf Hitler jedoch den Ausbruch aus dem Hafen. Aber der Kapitän entscheidet anders: "Ich lasse uns doch dort draußen auf See nicht von einer Übermacht zusammenschießen. Mir sind 1.000 lebende Menschen lieber als 1.000 tote Helden", notiert er in seinem Tagebuch.
Doch dann macht Großbritannien bei der Regierung von Uruguay Druck: Dem deutschen Schiff wird für den Aufenthalt im Hafen eine Frist von 72 Stunden gesetzt - für eine Reparatur zu wenig Zeit. Als am 17. Dezember 1939 das Ultimatum um kurz vor 20 Uhr endet, strömen rund 20.000 Zuschauer zum Hafen. Die "Admiral Graf Spee" läuft aus. Nach rund vier Seemeilen stoppt das Panzerschiff, zwei heimlich georderte argentinische Schlepper nehmen die gesamte Besatzung an Bord und fahren mit ihr in Richtung des deutschfreundlichen Buenos Aires. Kurz darauf explodiert die mit Sprengstoff präparierte und mit Zeitzündern versehene "Admiral Graf Spee".
Suizid des Kapitäns
Nach der Selbstversenkung tobt Adolf Hitler in Berlin. Am 20. Dezember 1939 vermeldet das Kriegstagebuch der "Admiral Graf Spee": "Kapitän zur See Hans Langsdorff hat sich in der Nacht in seinem Zimmer erschossen, auf der Kriegsflagge ausgestreckt." Zwei Tage später gibt es einen Erlass von Großadmiral Erich Raeder, dem Oberbefehlshaber der Marine: Zukünftig müssen deutsche Kriegsschiffe bis zur letzten Granate kämpfen.
Hitlers Zorn trifft auch Langsdorffs Ehefrau. Ihr wird der Status einer Kriegswitwe verweigert - eine Rechtssprechung, an der später auch in der Bundesrepublik festgehalten wird. Die meisten der 1.100 Besatzungsmitglieder der "Admiral Graf Spee" überleben den Krieg in der argentinischen Internierung.
Stand: 17.12.2014
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 17. Dezember 2014 ebenfalls an die Selbstversenkung der "Admiral Graf Spee". Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.