Cary Grant wird in "Der unsichtbare Dritte" von Doppeldecker gejagt

Stichtag

6. August 1959 - Uraufführung von "Der unsichtbare Dritte"

In 51 Jahren hat Alfred Hitchcock 53 Spielfilme gedreht, geschrieben und produziert. Die meisten haben die Bild- und Erzählsprache des Kinos entscheidend geprägt, mindestens zehn gelten als Meilensteine der Filmgeschichte. Sechsmal war Hitchcock für einen Oscar nominiert. In Empfang nehmen durfte der Großmeister des Thriller-Genres keinen Einzigen.

Auch Hitchcocks 46. Film, am 6. August 1959 uraufgeführt und für drei Oscars nominiert, geht leer aus. "Immer nur Brautjungfer, nie die Braut", lästert der beleibte Brite über die Ignoranz der Hollywood-Academy. Dem Erfolg seines eleganten Meisterwerks schadet das nicht. Mit "Der unsichtbare Dritte" ("North by Northwest") gelingt Hitchcock einer seiner größten Kassenerfolge, ein Klassiker des Action-Kinos, den Kritiker heute als Blaupause der James-Bond-Filme bewerten.

Hauptdarsteller ohne Durchblick

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere – die düsteren Schocker "Psycho" und "Die Vögel" werden folgen – inszeniert Hitchcock mit "Der unsichtbare Dritte" seine letzte und beste Komödie. Mit einem hinreißenden Cary Grant in der Hauptrolle, der sich plötzlich als unschuldiger Agent wider Willen in einer mörderischen Treibjagd wiederfindet. Die ist mit so vielen überraschenden Wendungen gespickt, dass selbst der Hauptdarsteller beim Dreh nicht mehr durchblickt. Einmal, erzählt Hitchcock später, habe Grant gestöhnt: "Ich glaube, das ist ein fürchterliches Drehbuch. Wir haben jetzt schon ein Drittel abgedreht und ich weiß immer noch nicht, worum es geht."

Als Werbefachmann Roger Thornhill gerät Grant zufällig in Verdacht, ein gewisser George Kaplan zu sein. Er wird von einer mysteriösen Bande entführt, entkommt knapp einem Mordanschlag und steht plötzlich als Augenzeuge eines Attentats im New Yorker UN-Gebäude selbst unter Mordverdacht. Auf der Flucht kreuzt die reizende, geheimnisvolle Blondine Eve seinen Weg. Ihre Rolle in dem Agentenpoker bleibt Thornhill ein Rätsel - bis US-Geheimdienstler den Ahnungslosen aufklären: Der ominöse Mr. Kaplan wurde als Ablenkungsmanöver erfunden, damit die Doppelagentin Eve der feindlichen Organisation wertvolle Informationen abjagen kann.

Mordanschlag im Maisfeld

Vor allem zwei Szenen machen "Der unsichtbare Dritte" zum unvergesslichen Filmerlebnis. Mutterseelenallein steht der Salonlöwe Thornhill im feinen Anzug an einer Wüstenstraße, alles scheint friedlich. Da nähert sich aus heiterem Himmel ein Doppeldecker, Schüsse schlagen ein und der Held muss um sein Leben rennen. Er sucht Schutz in einem Maisfeld und wird von oben mit Insektenvertilgungsmittel eingenebelt. Thornhills Rettung ist ein Tankwagen, den das Flugzeug im Tiefflug rammt. Mit einem Feuerball endet einer der ausgefallensten Mordanschläge der Kinogeschichte.

Am Mount Rushmore, dem monumentalen Präsidentendenkmal in den Bergen South Dakotas, kommt es zum spektakulären Showdown. Bei einer halsbrecherischen Kletterei an George Washingtons Nase befreit Thornhill die geliebte Eve aus den Klauen der Feinde. Mit einer Hand zieht er die über dem Abgrund baumelnde Blondine zu sich hinauf und – Schnitt – direkt ins obere Bett eines Schlafwagens. Typisch Hitchcock: "Den Sinn für das Absurde praktiziere ich wie eine Religion."

Stand: 06.08.2014

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