Zum weltumspannenden Imperium des australischen Medien-Tycoons Rupert Murdoch gehören Dutzende Zeitungen. Darunter viele "Tabloids" - Boulevard, Enthüllungen und Krawall. Doch Murdoch sammelt inzwischen auch Edelblätter wie die Londoner Times und das Wall Street Journal. Dessen Aufstieg zum führenden Wirtschaftsblatt der westlichen Welt ist eng verbunden mit der Geburt des ältesten Aktien-Index der USA. Beide haben dieselben Väter: Charles Henry Dow und Edward Davis Jones.
Insider-News für Investoren
Der Farmersohn Charles Dow, 1851 in Connecticut geboren, kommt mit 28 Jahren als Journalist nach New York. Rund um die Börse an der Wall Street ist eine flirrende, unüberschaubare Finanzindustrie entstanden. Darin entdeckt Dow seine Chance: Mit seinen Kollegen Edward Jones und Charles Bergstresser gründet er die "Agentur für Finanznachrichten" Dow Jones & Company. In ihrem "Customer’s Afternoon Newsletter" vermelden sie verlässliche Daten über Firmen und Geschäftsabschlüsse, aber auch Klatsch und Tratsch an der Wall Street. Broker, Banker und Investoren stürzen sich auf die Analysen von Dow Jones, mussten sie sich doch bislang beim Aktienhandel auf wilde Gerüchte und Versprechungen verlassen.
Dow erkennt, dass wenige wechselnde Großunternehmen das gesamte Geschäftsklima bestimmen: erst die Eisenbahngesellschaften, dann schnell wachsende Öl- und Industriekonzerne. Der Journalist wählt zwölf der wichtigsten Firmen aus, addiert ihre aktuellen Aktienwerte und teilt das Ergebnis durch zwölf. Heraus kommt ein Durchschnittswert als Gradmesser für die Konjunktur der US-Wirtschaft. Am 3. Juli 1884 veröffentlicht Dow seinen Aktienindex erstmals im hauseigenen Newsletter, der kurz darauf in Wall Street Journal umbenannt wird. Den Aufstieg der Zeitung und des von ihm entwickelten Index zu Säulen der Finanzwelt erlebt Charles Dow nur noch in den Anfängen. 1902 stirbt er im Alter von 51 Jahren.
Dow Jones – ein elitärer Club
Nach und nach veröffentlicht jede Börse Indizes, um das Kursgeschehen prägnant abzubilden. Allein die Dow Jones Company errechnet heute in den USA zehntausende Sonder-Indizes für einzelne Branchen. Weltweit dürfte es nach Expertenschätzungen über 200.000 Indizes geben. Wie beim 1988 eingeführten Deutschen Aktienindex (DAX) gelten die notierten Unternehmen als das industrielle Tafelsilber eines Landes. Bei John Prestbo, seit vielen Jahren Chef des Dow-Jones-Index, stehen die Konzerne deshalb Schlange. Ein Platz im elitären Club der amerikanischen Top-Firmen sichert Prestige und Publicity.
Wer in den "Dow" hineinkommt, darüber entscheiden allein John Prestbo und der Chefredakteur des "Wall Street Journal". Völlige Unabhängigkeit wie die Gründer der Dow Jones & Company genießen ihre Nachfahren allerdings nicht mehr. 2007 schluckte Rupert Murdochs News Corporation den Verlag samt Indexsparte für rund fünf Milliarden Dollar. Der Medienmogul versprach, die redaktionelle Freiheit nicht anzutasten. Unter Fachjournalisten mehren sich allerdings Zweifel am Wert von Murdochs Zusage.
Stand: 03.07.2014
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 3. Juli 2014 ebenfalls an die Geburt des Dow-Jones-Index. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.