Als der Sklaverei-Gegner Abraham Lincoln im November 1860 zum 16. Präsidenten der USA gewählt wird, verlassen die Südstaaten die Union. Sie wollen sich das Recht auf Sklavenhaltung in den Tabak-, Zuckerrohr- und Baumwollplantagen nicht nehmen lassen. Im April 1861 kommt es zum Bürgerkrieg. Drei Jahre später ist die US-Hauptstadt Washington zu einem Verwundetenlager geworden. 50.000 Soldaten liegen in Lazaretten, viele von ihnen sterben und müssen beerdigt werden. Generalquartiermeister Montgomery Meigs schlägt vor, die riesige Plantage von General Robert E. Lee zu beschlagnahmen und in einen Friedhof umzuwandeln. Sie liegt in Arlington am gegenüberliegenden Westufer des Potomac. Lee gilt als Verräter, nachdem er zu den Truppen der Südstaaten übergelaufen ist - als deren Oberbefehlshaber.
Als Erster wird der Gefreite William Christman dort beigesetzt. Der Farmer wollte in der Unions-Armee dienen, starb aber wie viele andere Soldaten an Masern. An ihn erinnert noch heute ein Grabstein - wie an alle anderen Toten, die in Arlington beerdigt wurden. Die Laufzeit der Gräber ist unbegrenzt. Vier Wochen nach der Beisetzung von Christman wird die frühere Plantage am 15. Juni 1864 offiziell zum Nationalfriedhof erklärt. Am Ende des Bürgerkrieges füllen Tausende die ersten Grabreihen um das ehemalige Gutshaus von General Lee.
Vier Millionen Besucher
Arlington House steht heute noch, mit seinen hohen Säulen ist es einem griechischen Tempel nachempfunden. Direkt vor der Tür liegen im Rosengarten die Gräber der Bürgerkriegsoffiziere. Rund 1.500 weitere Bürgerkriegsopfer ruhen unterhalb einer Anhöhe neben 3.800 ehemaligen Sklaven, die aus den Südstaaten nach Washington geflohen waren. Die Fläche des Friedhofs erstreckt sich über mehr als vier Quadratkilometer, was einer Größe von über 560 Fußballfeldern entspricht.
Jährlich besichtigen vier Millionen Besucher die Anlage. Touristen können sich mit Bussen über das Gelände fahren und sich dabei von Reiseführern informieren lassen. Tausende fotografieren sich vor den Gräbern von US-Präsident John F. Kennedy und seiner Familie. Rund 300.000 Tote sind in Arlington mittlerweile bestattet worden. Das eigens dafür abgestellte Dritte Infanterieregiment, die "alte Garde", erweist ihnen die letzte Ehre. Die amerikanische Flagge bedeckt die Särge, bevor sie den Angehörigen überreicht wird, als Dank der Nation für den Dienst am Vaterland.
US-Präsident ehrt Verstorbene
Zentraler Ort des offiziellen Gedenkens an die Kriegstoten ist das Grabmal des Unbekannten Soldaten. Es ist 72 Tonnen schwer und steht vor dem Amphitheater des Nationalfriedhofs mit seinen 5.000 Plätzen. Zwei Mal im Jahr würdigt der amerikanische Präsident persönlich die "gefallenen Helden", wie er die Verstorbenen dann nennt - am 30. Mai, dem "Memorial Day" ("Volkstrauertag"), und am 11. November, dem "Veterans Day" ("Tag der Veteranen"), zwei staatlichen Feiertagen in den USA.
Allerdings geht es auf dem Friedhof nicht immer feierlich zu. Es gab Menschenketten zwischen den Gräberreihen, Demonstranten gegen den Vietnamkrieg standen neben Trauernden. 2008 empört ein Skandal die Nation: Grabsteine sind falsch aufgestellt und mehrere Urnen zusammen beigesetzt worden. In 211 Gräbern liegen nicht die richtigen Toten. Der Kongress setzt einen Untersuchungsausschuss ein. Der langjährige Direktor des Friedhofs wird entlassen. Um einen Engpass bei den Ruhestätten zu vermeiden, werden große Urnen-Aufbewahrungsbauten errichtet und eine Flächenerweiterung beschlossen. Der Platz soll mindestens für 40 weitere Jahre reichen.
Stand: 15.06.2014
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 15. Juni 2014 ebenfalls an die Einrichtung des Nationalfriedhofs Arlington. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.