Stichtag

28. Mai 1979 - EG-Beitritt von Griechenland unterzeichnet

Griechenland bemüht sich schon früh um den politischen Anschluss an Europa: Nur gut zwei Jahre nach der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) beantragt Regierungschef Konstantinos Karamanlis im Juni 1959 ein Assoziierungsabkommen mit Brüssel - als erster Staat überhaupt. Seit 1952 ist das wirtschaftlich schwache Land bereits Mitglied der NATO. Im damals herrschenden Kalten Krieg hat es eine große strategische Bedeutung.

Im Juli 1961 ist soweit: Das Assoziierungsabkommen zwischen der EWG und Griechenland wird in Athen unterschrieben. Das Abkommen wolle "aus dem befreundeten und verbündeten Griechenland einen vollberechtigten Wirtschaftspartner machen", sagt EWG-Kommissar Jean Rey. Das werde den Griechen ermöglichen, "sich weniger den Märkten der Ostblockländer als vielmehr resolut den westlichen Ländern zuzuwenden." Der Vertrag sieht Griechenlands vollwertige Mitgliedschaft für 1984 vor.

"Unteilbarkeit des freien Europa"

Als das Assoziierungsabkommen im November 1962 in Kraft tritt, wächst Griechenlands Wirtschaft, aber auch die Staatsverschuldung. Dann kommt es zum Stillstand: 1967 errichtet das griechische Militär für sieben Jahre eine Diktatur. Als das Obristenregime 1974 fällt, kehrt Karamanlis bald an die Macht zurück - und stellt im Juni 1975 einen Beitrittsantrag an die Europäische Gemeinschaft (EG), wie die EWG nun heißt. Karamanlis erklärt vor EG-Botschaftern in Athen: "Griechenland gehört zu Europa, dessen Teil es ist gemäß seiner geopolitischen Lage - durch seine Geschichte und Tradition, die der Ursprung des gemeinsamen kulturellen Erbes Ihrer Länder sind."

In den Akten des Auswärtigen Amtes ist nachzulesen, wie sich die Bundesregierung im September 1975 dazu positioniert: "Der entscheidende Gesichtspunkt", der es verbiete, "den griechischen Beitrittsantrag abzulehnen", sei "die Unteilbarkeit des freien Europa". Im Juli 1976 beginnen die Beitrittsverhandlungen und schon am 28. Mai 1979 wird der Beitrittsvertrag in Athen im Zapeion, einem klassizistischen Bau mit runder Säulenhalle, unterzeichnet.

"Weichenstellung für den Kollaps"

Am 1. Januar 1981 wird Griechenland das zehnte EG-Mitglied - als Außenseiter unter den reichen Staaten des Nordens. Rund 40 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten auf dem Land. Es gibt keine nennenswerte Industrie und kaum Devisen. Jährliche Zahlungen aus Brüssel füllen die Kassen, dazu gehören Mittel für Strukturreformen und Agrarförderung. Gut 30 Jahre später steht der Staat vor einem Scherbenhaufen: "Die Weichenstellung für den Kollaps ist in den 1980er Jahren vorgenommen worden", sagt Ioannis Zelepos, Professor für Neogräzistik an der Universität München. Daraus resultiere "die maßlose Überschuldung und die Aufblähung des öffentlichen Dienstes".

Mit geschönten Zahlen schafft die griechische Regierung 2001 die Aufnahme in die Währungsunion. Zwei Euro-Rettungspakete, ein erster Schuldenschnitt sowie drastische Sparmaßnahmen mussten Griechenland seither vor der Zahlungsunfähigkeit retten. Trotz aller Sparbemühungen stieg der Schuldenstand erneut. Griechenland wird wohl auch nach 2014 ein drittes Hilfspaket benötigen. Dies bestätigte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im August 2013.

Stand: 28.05.2014

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