Die Welt kostet einen Franc Eintritt. Nach 18 Uhr abends etwas mehr. Dann ist der extra für die Schau erbaute Eiffelturm beleuchtet, daher der Aufschlag. Acht Minuten dauert es, den Globus zu umrunden, mit der kleinen Eisenbahn, die über das Ausstellungsgelände fährt. An allen Stationen hängen Warnschilder in 33 Sprachen: Vorsicht vor den Bäumen! Oder: Strecket weder Kopf noch Beine hinaus!
Im Paris des Jahres 1889 ist die weite Welt geschrumpft auf die Fläche zwischen dem Palais du Trocadéro, einem Ausstellungspalast in neomaurischem Stil, und der großen Grünfläche des Champs de Mars.
Edisons Phonograph fasziniert die Besucher
Im Mittelpunkt dieser Exposition Universelle stehen Motoren, leichte Dampfkessel für Boote und Edisons Phonograph. All diese Wunderwerke des Industriezeitalters werden vorgeführt, dazu "keuchende, stampfende, schwingende, Menschenarbeit verrichtende Maschinen", wie der deutsche Schriftsteller und Theologe Adolf Hausrath von der Expo schreibt. "Wir sehen Stahlmeißel, die im Stande waren, das Urgebirge zu durchbohren, und Ballons, die uns auf Verlangen in die Lüfte entführen. Wir sehen, wie Maschinen Brot backen, und andere, die Chocoladetafeln ausmünzen."
Ein weiterer Clou ist eine Erfindung Thomas Alpha Edisons: Der Phonograph nimmt Schall auf und kann ihn wieder abspielen. "Wir nehmen die Röhren des Phonographen ans Ohr und hören, was vor Wochen gesprochen, gesungen, gespielt wurde", schreibt Hausrath. "Oder wir setzen uns in den Fahrstuhl des Eiffelturms und schreiben 300 Meter über der Erde eine Postkarte, die morgen in den Händen unserer Freunde sein wird." Mit 300 Metern ist der Eiffelturm das damals höchste Gebäude der Welt.
"Eingeborenendörfer waren üblich"
Anlass für die Ausstellung ist das hundertjährige Jubiläum der Französischen Revolution – weswegen viele europäische Monarchen die Schau boykottieren. Mit 32 Millionen Besuchern wird sie dennoch ein großer Erfolg. Neben 54 Nationen nehmen 17 französische Kolonien an der Expo teil, auch mit lebenden Exponaten, wie Kamelen, Eseln und Menschen. "Zu dem Zeitpunkt war es üblich, dass Eingeborenendörfer Teil solcher Ausstellungen waren", sagt der Berliner Historiker Dr. Alexander Geppert. Auch ein annamitisches Theater wurde aufgebaut, Annam ist der alte chinesische Name für Vietnam. Nur die Musik der Schauspielertruppe stört manchen Besucher. "Ein ungewöhnliches Getöse … Die Melodie gleicht jener von Küchengeschirr, das eine Kellertreppe hinunterkollert", findet ein Reporter der Sonderzeitung zur Weltausstellung.
Weltausstellungen im 19. Jahrhundert würden bereits eine Art Globalität erproben, sagt der Berliner Historiker Dr. Alexander Geppert. "Plakativ gesagt: Sie waren das Internet des 19. Jahrhunderts."
Stand: 06.05.2014
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