Stichtag

20. April 1964 – Erstes "Nutella"-Glas läuft vom Band

Italien nach dem Zweiten Weltkrieg. Hunger und Armut bestimmen den Alltag. Eine preiswerte Leckerei mit vielen Kalorien muss her, um vor allem die Kinder satt zu machen. Da verfällt Konditormeister Pietro Ferrero aus Alba auf die Idee, Haselnüsse, Zucker und Kakao zusammenzumischen und als Ersatz für Wurst als Brotbelag anzupreisen. "Süßspeise für die Armen" nennt er seine Kreation.

Als Belag hat Ferreros Süßspeise allerdings einen entscheidenden Nachteil: Sie ist hart und muss von den italienischen Müttern in Scheiben auf das Brot gelegt werden. Kinder können sie deshalb schnell vom gesunden Untergrund nehmen und alleine naschen. Wenn man der Legende glauben will, dann hilft ein Zufall dem Konditormeister auf die Sprünge: Als ein Süßspeisenlaib in der Sonne schmilzt, wird er unfreiwillig zum Brotaufstrich.

Eine Milliarde Umsatz

Ferrero experimentiert weiter, bis sein Produkt streichzart ist. 1946 gründet er in Alba unter seinem Familiennamen eine Firma, um seine Nusscreme zu produzieren. Er ist der erste Italiener, der neben einem Werk in Alba auch in Deutschland eine Fabrik eröffnet. Hier kommt seine zu Hause "Supercrema" genannte Leckerei zunächst unter dem profanen Namen "Nusscreme" in die Regale.

Als Ferrero auch nach Frankreich, Belgien und in andere Länder expandiert, sucht Pietro Ferreros Sohn Michele in den 60er Jahren nach einem Namen, der in allen erdenklichen Sprachen funktioniert. Das Kunstwort "Nutella" wird geboren. Am 20. April 1964 läuft in Alba das erste "Nutella"-Glas vom Band. Heute macht das Familienunternehmen mit der Nusscreme eine Milliarde Euro Umsatz pro Jahr.

China-kompatibles Nutella?

Anders als der US-Exportschlager Coca Cola exportiert Ferrero mit "Nutella" nicht die Lebenskultur des Geburtslands der Nusscreme. Vielmehr wird das Produkt von jedem Land in der ihm eigenen Kultur sozusagen einverleibt. Die zart schmelzende Streichcreme schmeckt in jedem Land irgendwie anders. Denn in Deutschland kommt "Nutella" vor allem auf Grau- oder Weißbrot, in den USA auf Toast und in Frankreich auf Crêpes zum Einsatz.

Nur auf dem chinesischen Markt hat "Nutella" Schwierigkeiten. Hier sind Brote ebenso Mangelware wie Messer. Um die Streichcreme stäbchenkompatibel zu machen, müsste sie wieder die harte Form ihres Vorläufers annehmen. Ferrero testet aber gerade eine andere Lösung: ein kleines Brötchen, das bereits mit "Nutella"-Creme gefüllt ist.

Stand: 20.04.2014

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