Stichtag

12. Februar 1929 - Rhein friert auf einer Länge von 20 Kilometern zu

Februar 1929: Kalte Luftmassen aus der Sowjetunion sorgen in ganz Europa für eine wochenlang anhaltende Kältewelle. In Berlin werden tagsüber bis zu minus 20 Grad gemessen, auch im Westen des Landes frieren Gewässer zu: "Nachdem sich das Rhein-Eis in der vergangenen Woche an der Loreley schon einmal für kurze Zeit gestaut hatte, steht seit Sonntag das Eis von dort ab vollständig", beschreibt ein Reporter des St. Goarer Kreisblatts die Situation. "Am Montagvormittag wagten zwei Schiffer als Erste den noch immer gefährlichen Übergang über die Eisdecke."

Einen Tag später, am 12. Februar 1929, laufen bereits hunderte Menschen über den Fluss, der über eine Strecke von 20 Kilometern zugefroren ist: "Im Laufe des Nachmittags setzte ein regelrechter Fußgängerverkehr über den Rhein ein." Am nächsten Wochenende verbreitet sich Jahrmarkt-Stimmung: "In Lorchhausen spielt eine Kapelle zum Tanz auf dem Eise auf, und auf dem Rhein bei Bacharach konnten sich die Wanderer an Glühwein und warmen Würstchen stärken", so der Reporter.

Eisschollen verstopfen enge Stellen

Der Winter 1928/29 ist nicht nur kalt und lang - auch die Nächte sind klar. In solchen Nächten geben Wasserflächen besonders viel Energie in Form von Wärme ab und kühlen aus. Stehende Gewässer wie Seen frieren dabei stets von oben nach unten. Das liegt an der sogenannten Dichte-Anomalie des Wassers: Bei etwa vier Grad ist Wasser am schwersten und sinkt auf den Grund. Wasser, das kälter ist, bleibt an der Oberfläche und wird zu Eis. Thermische Schichtung heißt dieses Phänomen in der Fachsprache.

Bei Fließgewässern wird das Wasser hingegen durch die Strömung ständig verwirbelt. So ist es möglich, dass sich auch am Grund Eis bildet. Dieses Grundeis löst sich und steigt an die Flussoberfläche - weil Eis leichter ist als Wasser. Die Eisschollen treiben zunächst über den Fluss, verstopfen ihn dann aber an engen Stellen wie beispielsweise am Rhein an der Loreley.

Tauwetter erst im März

Die Situation wird immer prekärer: "Der Eisstand von der Loreley hat sich täglich weiter aufwärts erstreckt und steht heute ununterbrochen bis Mainz und ferner von Griesheim bis Speyer", heißt es am 19. Februar in der Zeitung. Auch am Niederrhein und in der Gegend von Unkel friert es 1929 zu. Insgesamt 350 Kilometer lang soll die geschlossene Eisdecke gewesen sein. Dort, wo es nicht ganz zufriert, treiben dicke Eisschollen.

Das Eis staut den Strom, Hochwasser droht. Mit Sprengungen soll das Wasser zum Abfließen gebracht werden - vergeblich. Erst Anfang März 1929 setzt Tauwetter ein und entspannt die Lage. Es war nicht das erste und auch nicht das letzte Mal, dass der Rhein erstarrte. Zuletzt trieben 1963 Eisschollen auf dem Fluss. Seitdem ist er jedoch eisfrei. Ein Grund dafür sind die warmen Abwässer, die den Rhein künstlich aufheizen.

Stand: 12.02.2014

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